die.jägerburg - Integrierte Angebote
für Familien mit verhaltensauffälligen Kindern
www.jaegerburg.de

Verhaltenstraining
Dr. Johannes Streif

 

 

 

 




 

 

 

 

Tiefenpsychol.
Verfahren

Psycho-
techniken

Homöopathie

Heilpraktiker

Ergotherapie
Sensorische Integration

 

 

 

 

Der diagnostische Prozess zur Abklärung einer psychischen Störung ist stets ein Kompromiss aus notwendigen und zugleich hinreichenden Untersuchungen. Eine erschöpfende Abklärung aller Gründe, die zu Verhaltensauffälligkeiten führen können, ist nicht machbar. Neben der Vielzahl an denkbaren Ursachen liegt dies nicht zuletzt an der Willkür unserer Entscheidungen, d.h. der Freiheit des menschlichen Willens. Mehr noch: Bereits der Versuch, die Bedingungen von Verhalten umfassend begreifen zu wollen, würde für eine Therapie von Verhaltensstörungen problematische Konsequenzen haben. Immerhin könnten sich sowohl der Patient als auch seine Umwelt auf die Position zurückziehen, dass sie letztlich keine Verantwortung für das Verhalten und seine Änderung tragen. Das aber ist nicht richtig! Ebenso können marginale, d.h. nur einzelne Randbereiche der Hyperkinetischen Störung betreffende, irreführende oder gar falsche Informationen von der Diagnose und Therapie der eigentlichen Problematik und ihrer Gründe ablenken. So tragen z.B. Ernährungsfaktoren in geringem Umfang indirekt zur Verhaltensausprägung bei, sei es vermittels  Unverträglichkeiten, Essgewohnheiten oder der Zuwendung durch Diätpläne. Dennoch führen Veränderungen der Ernährung, die in ihrer Umsetzung z.T. sehr aufwendig sind, i.d.R. nicht zu bedeutsamen Verhaltensänderungen, weder allgemein noch insbesondere im Hinblick auf die hyperkinetische Symptomatik. Eine umfangreiche diagnostische Berücksichtigung dieser Faktoren erbringt daher im Vergleich zum Aufwand absehbar wenig Gewinn. Irrige Annahmen wie beispielsweise die Vorstellung, Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität seien die Folge eines ungenügenden Zusammenspiels der Sinnesmodalitäten bzw. Wahrnehmungsfunktionen, legen Untersuchungen und Behandlungsformen nahe, die, mögen sie auch anderweitig Kompetenzen der Patienten fördern, für die Therapie der eigentlichen Störung und ihrer Folgen nicht ausreichend sind. Werden sie parallel zu indizierten Therapien angewendet, bedeuten diese Maßnahmen schlimmstenfalls eine zusätzliche Belastung des Betroffenen. Sollen sie aber im Grunde notwendige andere Interventionen ersetzen oder sind diesen vorgeschaltet, geht wertvolle Zeit für eine angemessene Diagnostik und Behandlung verloren. Daher macht es Sinn, weniger wichtige oder gar irreführende Informationen von vornherein auszuschließen.

 

Sigmund Freud als 12-Jähriger

Die Gegenwart war dann wie verdunkelt und die Lebensjahre von zehn bis achtzehn stiegen aus den Winkeln des Gedächtnisses empor mit ihren Ahnungen und Irrungen, ihren schmerzhaften Umbildungen und beseligen- den Erfolgen, die ersten Einblicke in eine unter- gegangene Kulturwelt, die wenigstens mir später ein unübertroffener Trost in den Kämpfen des Lebens werden sollte [...].

Sigmund Freud
Zur Psychologie des Gymn.
In: Gesammelte Werke X (1913- 1917) S.205

Informationen auf Grundlage tiefenpsychologischer Vorstellungen und Verfahren

Gleich vorweg: Die Tiefenpsychologie ist der Punkt, von dem die Psychotherapie ihren Ausgang nahm. Niemand kann Sigmund Freud, seinen Kollegen und Schülern diesen Ruhm nehmen. Die kulturhistorische Bedeutung der Psychoanalyse, Individualpsychologie (Alfred Adler) und analytischen Persönlichkeitstheorie (nach Carl Gustav Jung) ist kaum zu überschätzen.

Anders sieht es leider mit der diagnostischen Schärfe und dem therapeutischen Gewinn dieser Lehren und ihrer Verfahren aus. Bis heute tun sich alle Schulen der Tiefenpsychologie schwer, die vielfach v.a. historisch bedingten Unzulänglichkeiten ihrer Theorien und psychotherapeutischen Interventionen anzuerkennen und von durchaus sinnvollen psychodynamischen Erklärungen psychischer Zustände abzugrenzen. Denn Triebtheorie und Persönlichkeitslehren sind so sehr ein Kind der abendländischen Kultur des  späten 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, dass sich viele heute bereits an der Sprache der Tiefenpsychologie stoßen. Und obwohl Freud ein recht naturwissenschaftlich- mechanistisches Menschenbild vertrat, sind fast alle seiner Erklärungsansätze und Fallbeschreibungen eindrucksvolle Beispiele dafür, dass man die Welt nur so sieht, wie man sie sehen möchte. Medizinisch und psychologisch können sie heute kaum mehr als das Verdienst beanspruchen, erste Erklärungsversuche für das menschliche Verhalten zu sein, ohne dass die physiologischen Grundlagen der Verhaltenssteuerung für Freud und seine Anhänger zu ihrer Zeit wirklich verstehbar waren.

Zentraler Punkt der Kritik an der Tiefenpsychologie war und bleibt der Mangel an anerkannten und auch nachvollziehbaren wissenschaftlichen Methoden. Die Fallbeschreibung ist ein durchaus legitimer Zugang zum Einzelschicksal, dessen diagnostischen und therapeutischen Wege ernst genommen werden sollten. Sie ersetzt jedoch nicht die streng strukturierte Überprüfung von Diagnose- und Therapieverfahren an vielen Patienten und v.a. durch viele Fachleute. Auch wenn das Werkzeug in einer anderen Hand stets anders gebraucht wird, gibt es mehr oder weniger geeignete Methoden und mehr oder minder geübte "Handwerker". Zuversicht und psychische Betreuung beschleunigen beispielsweise den Heilungsprozess bei einem Beinbruch, aber sie sind keine Gewähr dafür, dass der Bruch auch ohne chirurgische Maßnahmen ordentlich verheilt. Im gleichen Sinne kann eine Psychoanalyse die Behandlung der Hyperkinetischen Störung begünstigen, wenn sie hilft, psychische Belastungen abzubauen; - die neurologischen Defizite und ihre Effekte kann sie jedoch nicht beseitigen. Behandlungsformen, die auf falschen Annahmen beruhen, haben zweifelsohne ihre Wirkungen, nicht aber dort, wo sie helfen sollen. Diagnostik, die irrige Theorien zu untermauern sucht, macht jedoch blind für das eigentliche Leiden des Menschen.

Nicht wenige Kinder und Jugendliche, aber auch viele Erwachsene - die allerdings für die Beurteilung ihres therapeutischen Erfolges selbst verantwortlich sind - mit der Diagnose Hyperkinetische Störung befinden sich in psychoanalytischer Therapie. Demgegenüber ist der Umfang der wissenschaftlichen Befunde der Tiefenpsychologie zur HKS bescheiden. Eine Theorie psychodynamischer Verursachung der Störung gibt es nicht, wohl aber zahllose individuelle Spekulationen über Depression, Trauma oder Vernachlässigung. Diagnostische Instrumente, welche die genannten Gründe (be-)greifbar machen, sind gleichfalls nicht vorhanden. Dabei ist vor einer ätiologischen, d.h. die Störungsursache erklärenden Interpretation sog. projektiver Verfahren wie z.B. Zeichentests oder der vermeintlichen Nachbildung von Familienstrukturen mit Personen oder Gegenständen zu warnen. Sie sind eine hervorragende Grundlage zur Diskussion von kognitiven Konzepten (Sicht und Verständnis) sowie dem subjektiven Beziehungserleben einer Person. Doch zwischen der Wahrnehmung und dem Ausdruck eines Menschen und den Gründen seines Verhaltens liegen unzugängliche Welten. Selbst wenn die von einigen Psychoanalytikern benannten Ursachen für die Hyperkinetische Störung als treffende Analysen der psychischen Verfassung einer Person oder Familie tatsächlich bestünden, erklärt dies nicht die typische Symptomatik der Störung, denn mindestens so viele Menschen reagieren auf die gleichen Belastungen mit anderem Verhalten. Eine schlüssige diagnostische und therapeutische Grundlage für die Hyperkinetische Störung kennt die Tiefenpsychologie bislang nicht.

Diagnostische Verfahren im Umfeld der Tiefenpsychologie:

- Zeichentests (Baum, Mensch, Familie in Tieren, etc.):
  Sie sind gängige Verfahren in der Kinder- und
  Jugendpsychologie und -psychiatrie. Während sie
  ein - allerdings manipulierbares - Bild der geistigen
  Konzeption der gezeichneten Gegenstände
  aufzeigen und ein interessanter Ausgangspunkt für 
  Gespräche sein können, kommt ihnen allein kein
  Erkenntnisgewinn zu. Anhand eines Bildes können
  Sie nicht sehen, wie ein Mensch sich fühlt, was er 
  über andere denkt oder wodurch seine Handlungen
  motiviert sind. Einen spezifischen Niederschlag der
  Hyperkinetischen Störung in Gestalt von Bildern
  gibt es nicht.
- Verbal-projektive Verfahren (Satzergänzungstest,
  Assoziationsreihen, Analyse von Fehlleistungen,
  Bild-, Form- oder Farbdeutungsverfahren, etc.):
  In dieser Gruppe sind sehr unterschiedliche
  Testverfahren zusammengefasst, die alle auf einer
  Analyse der sprachlichen Äußerungen des
  Patienten im Umgang mit bestimmten Reizen
  bzw. sozialen Bedingungen beruhen. Die hinter
  diesen Tests stehende Vermutung, dass sich in
  solcherart stimulierten Äußerungen eine tiefere
  Wahrheit als in der direkten Rede einer Person
  finden lasse, mag von Fall zu Fall nicht ganz von
  der Hand zu weisen sein. Es gibt aber viele Gründe,
  warum z.B. ein Junge den Satzanfang "Er hasst ..."
  mit "... seinen Vater" ergänzt, die in der Person des
  Vaters, dessen Beziehungen, Erfahrungen mit
  anderen "Vätern", Buch- und Fernsehgeschichten
  mit Männern, aber auch Launen des Kindes,
  erst zurückliegenden untypischen Erlebnissen,
  Manipulations- oder Racheabsichten usw. liegen
  können. Assoziationen und Fehlleistungen werden
  durch zahllose Reize ausgelöst, die häufig wenig
  mit der psychischen Gesamtverfassung einer 
  Person zu tun haben und nicht selten auf meist
  zufälligen Missverständnissen beruhen. Einige
  wenige Deuteverfahren wie der Rorschach-Test
  ("Tintenklecks-Technik") bilden bei systematischer
  instruktionsgetreuer Durchführung und exakter
  Auswertung bestimmte Merkmale der Persönlichkeit
  zuverlässig ab. Gegenständliche Darstellungen
  wie im Fall des Thematischen Apperzeptions-Tests
 
(TAT) oder des Thematischen Gestaltungstests
 
(TGT-S) animieren Patienten zu Erzählungen, die
  durchaus auch sehr persönliche Informationen
  enthalten können, die jedoch nicht zwangsläufig
  für den Diagnostiker erkenn- und verstehbar sind.
  Gründe für die hyperkinetische Symptomatik
  können mit verbal-projektiven Verfahren aber 
  nicht ermittelt werden.
- Aufstellungs- und Spieltests (Familienaufstellung,
  Figurentests, Szenentests, etc.): Gemeinsames
  Merkmal dieser Testverfahren ist der Versuch, ein
  Abbild sozialer Konstellationen zu schaffen. Die
  Idee, durch das Nachstellen von Gruppen 
  und/oder Situationen mittels Figuren oder realen 
  Personen Aufschluss über die Verfassung eines
  Patienten in vergleichbaren Umständen zu
  erhalten, ist klug, steht und fällt jedoch mit der
  Bereitschaft, Wahrheiten preiszugeben und
  Interpretationen in einem Dialog von Patient und
  Therapeut nachzubessern. Auch hier verbieten
  sich unmittelbare Schlüsse von Darstellungen auf
  reale Verhältnisse oder gar psychische Strukturen.
- Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik
  (OPD): Die OPD ist ein Versuch, mit einem neuen,
  tiefenpsychologisch inspirierten Diagnosemanual
  ICD-10 und DSM-IV Konkurrenz zu machen. Das
  gelingt trotz des Bemühens, die Orientierung der
  beiden großen Manuale v.a. an den Phänomenen
  der Krankheit bzw. Störung zu überwinden, nicht.
  Dazu sind die Kategorien und Kriterien der OPD
  zu pauschal und die Beurteilung des Patienten
  hängt zu sehr von der subjektiven Einschätzung
  des Arztes oder Psychologen ab.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Theorien und Methoden der Tiefenpsychologie schon aufgrund ihres Ansatzes nicht dazu geeignet sind, eine realistische, d.h. den Fakten der Hirn- und Verhaltensforschung genügende Diagnose der Hyperkinetischen Störung vorzunehmen. Darüber hinaus sind ihre Testverfahren, soweit sie überhaupt schlüssig aus den Theorien der Tiefenpsychologie abzuleiten sind, nicht in der Lage, stabile Faktoren des menschlichen Verhaltens klar zu bestimmen und zwischen individuellem Handeln und seinen sozialen Voraussetzungen zu trennen. Obgleich eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie durchaus positiv auf die psychische Verfassung des Betroffenen und seine soziale Umgebung einwirken kann, trägt die Tiefenpsychologie derzeit nicht zum Verständnis der Hyperkinetischen Störung bei.

 

Die Tiefenpsychologie ist der Ausgangspunkt der heutigen Psychotherapie. Inzwischen ist sie neben den frühen Zweigen der Psychoanalyse (Freud), der Individual- psychologie (Adler) sowie der analytischen Persönlich- keitstheorie (Jung) in viele Richtungen und Schulen zersplittert. Vielfach wurden ihre Ideen auch von nicht namentlich der Psycho- analyse verpflichteten Therapeuten sowie von Philosophen, Künstlern und Literaten aufgegriffen. Die kulturgeschichtliche Bedeutung der Tiefen- psychologie ist sehr groß. Demgegenüber sind die Kritiker der diagnostischen und therapeutischen Leistungen der Tiefen- psychologie zahlreich. Das theoretische Fundament der klassischen Psychoanalyse, die Freud'sche Triebtheorie, erscheint heute weniger als wissenschaftlicher Ansatz der Verhaltensforschung denn als ein nurmehr geschichtlich zu verstehendes Überbleibsel der bürgerlichen Epoche vor dem Ersten Weltkrieg. Über den Mangel an empirischen, d.h. auf systematischen Erfahrungen aufbauenden Methoden wird meist auch eine personenübergreifende Prüfung der Therapieeffekte als dem Leben des Einzelnen ungemäß abgelehnt.

Kritikpunkte an der tiefenpsychologischen Sicht auf die Hyperkinetische Störung:

- kein klares Verständnis
  des Störungsbildes
- keine der Symptomatik
  angemessene Erklärung
  der Auffälligkeiten
- psychoanalytische
  Erklärungsansätze
  vernachlässigen häufig
  selbst elementare
  wissenschaftliche
  Erkenntnisse zur HKS
- vermutete Ursachen der
  Symptomatik belasten
  und beschuldigen
  nicht selten Patienten
  und ihre Familien in
  unangemessener Weise
- Diagnose- und Therapie-
  ansätze sind häufig weit
  von den Problemen der
  Patienten entfernt und
  dienen nicht der Abhilfe
- Überbewertung des
  sozialen Einflusses auf die
  Symptomatik sowie der
  Stellung des Therapeuten
  im Diagnose- und
  Behandlungsprozess
- keine geeigneten oder
  gar ausreichenden
  Diagnoseverfahren

Positive Aspekte der Tiefenpsychologie:

- Berücksichtung sozialer
  Faktoren sowie der
  Familiengeschichte
- Würdigung der großen
  Bedeutung der Familie
  in der therapeutischen
  Arbeit
- Systematischer Einbezug
  auch des kindlichen
  Patienten in die Planung
  des therapeutischen
  Prozesses, Rücksicht auf
  die Absichten des Kindes

 

Psycho-
Techniken:

 

Fotographie des "Muskeltests" in der Kinesiologie

 

Dr. Alfred A. Tomatis (+), Begründer der Audio-Psycho- Phonologie

 

Messung der Muskelspannung bei Biofeedback

 

"Ankern" eines Gefühls durch Drücken am Knie im Rahmen der Neurolingu- istischen Pro- grammierung

 

Bert Hellinger, Begründer der ihm eigenen Form der Familien- Aufstellung nach Hellinger

 

 

Psychotechniken / "alternative (Heil-)Verfahren"

Zu den Psychotechniken sind die zahllosen neuen pseudowissenschaftlichen "Therapieverfahren" zu rechnen, die heute in exklusiven Veranstaltungen, aber auch von Vertretern etablierter Studien- und Therapieschulen angeboten werden. Von den bekannteren Psychotechniken, die auch eigene diagnostische Methoden anpreisen, sollen hier nur die KinesiologieAudio-Psycho-Phonologie, Biofeedback, Neurolinguistisches Programmieren (NLP) sowie die Familienaufstellung nach Hellinger genannt werden. Allen fünf Verfahren ist eigen, dass sie auf falschen Annahmen zu Natur und Psychologie des Lebens und der Gestaltung sozialer Gemeinschaften beruhen, eine unseriöse Diagnostik anbieten und in ihren  Konsequenzen bestenfalls wirkungslos, häufig aber durch Behandlungsaufschub und Fehlbehandlung eher schädlich sind.

Kinesiologie / Edu-Kinestetik:

Diagnostischer Mittelpunkt der "(Angewandten) Kinesiologie" ist der vom US-Chiropraktiker George Goodheart von älteren Verfahren abgekupferte sogenannte "Muskeltest". Die dieser esoterischen Gauklerübung unterstellten physiologischen Gründe sind wissenschaftlich völlig unhaltbar. Der Muskeltest eignet sich weder zur Diagnose der Hyperkinetischen Störung noch irgendeiner anderen körperlichen oder geistigen Erkrankung. Vor der Anwendung solcher kinesiologischer Verfahren in Diagnose und Therapie wird seitens psychologischer und medizinischer Fachverbände sowie der Gesundheitsbehörden gewarnt. Die von Paul Dennison in den 1960er Jahren eingeführte Lehre der "Edu-Kinestetik", eine auf den Ideen der Kinesiologie beruhende Gymnastikform, macht aus den unsinnigen Annahmen und kruden Diagnosen der Kinesiologie ein Geschäftsmodell, das an sich völlig wirkungslose Bewegungsübungen zur Therapie erklärt.

Audio-Psycho-Phonologie:

Die auch unter den Namen "Tomatis-Hörtraining", "Listening Training Program" oder "Klangtherapie" (nach Bérard / Nyffenegger) angebotene "Audio- Psycho-Phonologie" beruht auf den Spekulationen des französischen HNO-Arztes Alfred Tomatis. Grundlage seiner Therapieform sind falsche physiologische Thesen zur vorgeburtlichen und frühkindlichen Entwicklung sowie der Bedeutung von Tönen. Die im Rahmen der Audio-Psycho-Phonologie eingesetzten Tests einer Hörstörung im Sinne der "Über- oder Unterfunktion" des Gehörs oder eines sogenannten "weißen Rauschens" sind keine Verfahren, mit welchen sich die Ursachen einer Hyperkinetischen Störung oder einer anderen körperlichen oder geistigen Erkrankung feststellen lassen. Den seitens der Audio-Psycho-Phonologen behaupteten Zusammenhang zwischen einem dergestalt gegebenen verringerten Horchvermögen und Lern-, Leistungs- oder Verhaltensstörungen gibt es nicht. Ein positiver Effekt des Hörtrainings auf die Entwicklung von Kindern, Jugendlichen oder gar Erwachsenen konnte nicht gezeigt werden.

Biofeedback:

Verfahren, die mittels Rückmeldung physiologischer Informationen des Körpers (Hautwiderstand, Atmung, Blutdruck, Herzschlagfrequenz, Muskelspannung, Körpertemperatur oder Hirnströme) eine gezielte Beeinflussung der Selbstregulation ermöglichen sollen, sind weit verbreitet. Erste Ansätze dazu gab es bereits vor 100 Jahren. Anwendung findet die Technik heute v.a. bei der Behandlung psychosomatischer Leiden, in Lügendetektoren (in Deutschland nicht anerkannt) oder den sog. "E-Metern" der Scientology-Sekte. Die Baseline, d.h. der natürliche Ausgangswert der dabei erhobenen physiologischen Werte ist individuell sehr unterschiedlich und hochvariabel. Die diagnostische Schärfe der eingesetzten Apparate ist entsprechend gering, der therapeutische Nutzen verglichen mit dem Aufwand nur selten zu rechtfertigen. Auch wenn an Biofeedback angelehnte Trainingsverfahren für Hyperkinetische Kinder in Einzelfällen einen leichten Gewinn an Selbstregulationsfertigkeiten erbringen mögen, so lohnt dies den materiellen Einsatz oder gar einen Verzicht auf wirksamere Therapien nicht.

Neurolinguistisches Programmieren:

Diese aus verschiedenen Quellen zusammengesetzte Psychotechnik praktiziert Verhaltenskonditionierung nach Pawlow auf einfachstem Niveau und verbrämt sie bisweilen mit tiefenpsychologischen Vorstellungen und familientherapeutischen Schlagworten. Da die von der Verhaltenstherapie in langjähriger Forschung und Praxis erweiterten und angepassten Erkenntnisse der frühen behavioristischen Studien von Pawlow, Watson, Wolpe, Eysenck und Skinner tatsächlich sehr wirksame therapeutische Interventionen begründen, müssen NLP-Behandlungen gewisse kurzfristige - z.T. nicht ungefährliche - Effekte zugesprochen werden. Die "Diagnostik" im Dunstkreis des NLP ist schlicht und basiert letztlich auf der subjektiven Wahrnehmung von positiven oder negativen Emotionen der Person durch einen NLP-"Therapeuten". Während das NLP bzw. die Neurolinguistische Psychotherapie (NLPt) in Österreich zugelassen sind, gelten sie in Deutschland nicht als Heilverfahren und dürfen nicht im Rahmen der öffentlichen Betätigung als Arzt, Psychotherapeut oder Heilpraktiker ausgeübt werden.

Familienaufstellung nach Hellinger:

Die Familienaufstellung nach Bert Hellinger fällt aus dem Kreis der bislang genannten Psychotechniken insofern heraus, als es sich um ein eher systemisch- familientherapeutisch anmutendes Verfahren zu handeln scheint, das in der Gruppe durchgeführt wird. Dennoch erfüllt die Hellinger'sche Aufstellung, welche mit der Familientherapie nach Virginia Satir kaum etwas gemein hat, viele Kriterien einer stark an Sektenpraktiken erinnernden Manipulationstechnik: Hellinger, selbst ohne berufliche Therapiequalifikation, kommt im Kreis seiner Anhänger ein guruhafter Status zu, der sich u.a. in therapeutisch sehr fragwürdigen Massenveranstaltungen zeigt; seine Arbeit beruht auf einem reaktionären und autoritären Gesellschafts- und Familienbild, das Frauen und Kinder herabsetzt; das Bemühen um ein Verständnis des individuellen Schicksals tritt hinter das pseudoreligiöse Gebot einer natürlichen, quasi-göttlichen Ordnung zurück; das Ziel der Familienaufstellung ist nicht die Verwirklichung und Heilung des einzelnen, sondern die autoritäre Wiederherstellung einer vom Therapeuten willkürlich vorgegebenen Ordnung. Die Familienaufstellung nach Hellinger ist - wie bereits im Zusammenhang mit der Tiefenpsychologie unter den Aufstellungs- und Spieltests inhaltlich begründet - keinesfalls geeignet, irgendeine Form psychischer oder gar physischer Erkrankung bzw. deren Ursachen zu ermitteln. Richten alle vorgenannten Psychotechniken keinen großen Schaden an, solange sie nicht alternativ und in schädigender Absicht eingesetzt werden, ist vor den dilettantischen, jedoch psychisch destruktiven Folgen der pseudotherapeutischen Interventionen Bert Hellingers ausdrücklich zu warnen.

 

Als Psychotechniken werden vermeintlich therapeutische Verfahren bezeichnet, die sich i.d.R. Bruchstücken des psychologischen und/oder medizinischen Wissens sowie vereinfachter Bestandteile etablierter Psychotherapien bedienen und diese mit unwissenschaftlichen, nicht selten pseudoreligiösen und esoterischen Inhalten zu einer angeblich neuen und unfehlbaren Heilmethode vermengen.

Psychotechniken erkennen Sie daran, dass

- sie komplizierte Sach-
  verhalte auf simple
  Aussagen reduzieren
  (z.B. die Annahme, dass
  rechte und linke Gehirn-
  hälfte nicht "richtig"
  miteinander arbeiten
  würden)
- sie sich bekannter
  psychotherapeutischer
  Techniken bedienen,
  diese aber als einfache
  Zaubertricks mit Aha-
  Effekt inszenieren
- sie eine "ganzheitliche"
  Behandlung
der Ursachen
  einer Störung/Krankheit
  versprechen, ohne die
  vermeintlichen Ursachen
  klar benennen und
  ihren Zusammenhang
  mit den beobachteten
  Symptomen erklären
  zu können
- die gleiche "Heilmethode"
  für sehr viele und sehr
  unterschiedliche
  Störungen
angepriesen
  wird
- der "therapeutische"
  Prozess trotz hohem
  finanziellem und oft
  auch zeitlichem Einsatz
  als mühelos dargestellt
  wird
- keine Nebeneffekte der
  Behandlung benannt
  werden
- Ihr Vertrauen in die
  "Heilmethode" eine
  Voraussetzung von deren
  Wirksamkeit ist

Im folgenden werden die Fehler der aufgeführten Psychotechniken benannt.

Kinesiologie:

- unsinnige neurologische
  Grundannahmen
- unwissenschaftlicher,
  hochsuggestiver Pseudo-
  test ("Muskeltest")
- wirkungsloser "Therapie-"
  Ansatz

Audio-Psycho-Phonologie:

- falsche Annahmen zur
  menschlichen Entwicklung
- unsinnige Testverfahren
- wirkungslose Therapie

Biofeedback:

- i.d.R. großer technischer
  Aufwand bei geringen
  Effekten
- z.T. fragwürdige Grund-
  annahmen und nicht
  angemessener Gebrauch
- hochvariable Ausgangs-
  informationen, die keine
  zuverlässige Diagnose
  darstellen

Neurolinguistisches Programmieren:

- eklektisches, das heißt
  aus unterschiedlichen
  älteren Verfahren
  zusammengebastelte
  Methode, welche die
  aktuellen Erkenntnisse
  dieser Verfahren nicht
  berücksichtigt
- einfache, aber nicht
  ungefährliche klassische
  Konditionierung des
  Verhaltens ohne jedes
  Interesse an der Person
  und ihren individuellen
  Lebensumständen
- schlichte Therapeuten-
  wahrnehmung als
  diagnostische Grundlage
  der Behandlung

Familienaufstellung nach
Suitbert Hellinger:

- reaktionäres Menschen-
  und Gesellschaftsbild
- autoritäres Eingreifen
  in unbekannte und
  unverstandene Systeme
- bei Hellinger selbst
  sektenmäßig anmutende
  Großveranstaltung ohne
  adäquate psychologische
  Betreuung der Klienten
- gefährliche Eingriffe in
  bestehende Familien-
  systeme, die bereits zum
  Selbstmord einer Teil-
  nehmerin führten

 

Samuel Hahnemann (1755-1843), Begründer der Homöopathie

Homöopathie

Die Homöopathie geht auf die Lehren des sächsischen Arztes Samuel Hahnemann zurück, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts anhand von Selbstversuchen bzw. Experimenten an Familienmitgliedern die Wirksamkeit krankheitserregender Substanzen gerade zur Heilung derselben Krankheit entdeckt zu haben glaubte. Die von ihm formulierte "klassische Homöopathie", die seit fast 200 Jahren kaum eine Veränderung erfahren hat, ruht auf vier Säulen: 1) Simile-Prinzip, die Behandlung von Symptomen durch Stoffe, die diese Symptome bei entsprechend hoher Dosierung hervorrufen können; 2) Prüfung von Arzneimitteln an gesunden statt kranken Menschen - s.o. die Selbstversuche Hahnemanns; 3) Individualisierung der Behandlung: nicht das Leiden, sondern die Persönlichkeit des Kranken bestimmen die Wahl der Behandlung; 4) Homöopathische Medizin nach den Regeln der "Potenzierung", d.h. der starken Verdünnung von Wirkstoffen.

Auch wenn viele Anhänger der Homöopathie, deren Ärzte sich bisweilen große Verdienste um eine neue Behandlungskultur in den Praxen erworben haben, dies nicht gerne hören und kaum glauben wollen: Die Homöopathie ist ein nicht-wissenschaftliches und nachweislich nicht systematisch, d.h. kontrollierbar wirksames Heilverfahren. Alle vier Säulen, auf denen sie beruht, sind für sich und in ihrer Verbindung bereits vielfach widerlegt worden. Im Klartext: Homöopathie hat keine überzufälligen Effekte. Ihre Anwendung mag für den Einzelnen durchaus sinnvoll sein: Eine Alternative zur Schulmedizin ist sie nicht, denn ihren Methoden fehlt jenseits der Anregung psychischer Selbstheilungskräfte jede nachweisbare Heilwirkung. Aus diesem Grund verfügt die Homöopathie auch über keine wirksame Therapie gegen die Symptome der Hyperkinetischen Störung.

Die homöopathische Diagnose ist, sofern sie Person und Geschichte des kranken Individuums betrachtet, in Teilen der psychiatrischen Anamnese vergleichbar. Ihre Konzentration auf die Person des Kranken statt auf sein Leiden vernachlässigt jedoch in aller Regel die spezifischen Ursachen bestimmter Krankheiten, die weniger eine individuell auf den einzelnen Menschen als vielmehr auf Gründe und Symptome der häufigen Erkrankung ausgerichtete Diagnostik und Therapie erfordern. Verschiedene esoterische Erweiterungen der Lehre Hahnemanns verschärfen die ignorante und letztlich unverantwortliche Einengung auf das sog. "Ganzheitliche" der individuellen Diagnose, indem sie völlig von einer möglichst genauen Bewertung der jeweiligen Krankheitssymptome absehen und sich auf Pendeln, den unsinnigen kinesiologischen Muskeltest oder die willkürlichen Charakterbilder des Australiers Philip Bailey stützen. Die aus diesen meist erfundenen Zusammenhängen abgeleiteten Empfehlungen für eine Therapie mit homöopathischer Medizin sind den Befunden und Behandlungsvorschlägen seriöser Fachrichtungen der Medizin und Psychologie in keiner Weise vergleichbar.

 

Die Homöopathie ist ein nachweislich nicht systematisch, d.h. zuverlässig wirksames Heilverfahren, dessen Lehre auf den irrigen Beobachtungen und Schlüssen des Arztes Samuel Hahnemann zu Beginn des 19. Jahrhunderts beruht. Obwohl manche ihrer Vertreter angesichts des für die nicht selten unnahbaren "Schulmediziner" vorbildlichen Umgang mit Patienten Anerkennung verdienen, kommt der Homöopathie keine Bedeutung in der Heilung schwerwiegender Erkrankungen oder auch psychiatrischer Leiden wie der Hyperkinetischen Störung zu. Die homöopathische Diagnostik ist zu sehr an der Persönlichkeit statt der Krankheit interessiert, um die Ursachen von Erkrankungen begreifen zu können. Bisweilen angepriesene Homöopathische "Impfungen" oder gar der Verzicht auf wirksame allopathische Medikamente bei Infektionen sind gefährliche Irrlehren, welche ein großes Gesundheitsrisiko darstellen.

Kritikpunkte an der Lehre der Homöopathie:

- nachweislich therapeutisch
  nicht wirksam
- irrige Grundannahmen
- beruht weitgehend auf 
  dem medizinischen
  Wissen um 1800
- abgesehen von einer
  i.d.R. guten Anamnese
  keine brauchbaren
  Diagnoseverfahren
- vielfach von Esoterik
  durchsetzt und durch
  Geschäftemacher
  in unverantwortlicher
  Weise beworben und
  missbraucht

Heilpraktiker -
Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung

Heilpraktiker

Die heutige Tätigkeit als Heilpraktiker stützt sich auf ein Gesetz, das während des Dritten Reiches erlassen wurde. Insbesondere dem damaligen Innenminister und SS-Führer Heinrich Himmler wurde ein Hang zu "natürlichen" Lebens- und auch Behandlungsformen nachgesagt: Er propagierte im Krieg die heilsame Rückkehr zur bäuerlichen Kultur und vertraute sehr in gesunde Ernährung und Heilkräuter. Die heute neben der ärztlichen und psychotherapeutischen Tätigkeit dritte Form der Ausübung der Heilkunde eröffnet als einzige auch Nichtakademikern die Behandlung von Patienten. Allerdings sind Art und Umfang der durch Heilpraktiker einsetzbaren diagnostischen Verfahren und Heilmittel beschränkt.

Grundsätzlich ist (in Deutschland) zwischen zwei Arten von Heilpraktikern zu unterscheiden: Erstens den "klassischen" Heilpraktikern im Sinne des Gesetzes von 1939; zweitens den Diplom-Psychologen, die auch ohne Bestallung (als Ärzte oder Psychotherapeuten mit Approbation) eine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach §1 des Heilpraktikergesetztes erhalten können. In beiden Fällen ist die Qualifikation der jeweiligen Vertreter nicht anhand vergleichbarer Ausbildungsgänge und Prüfungsbedingungen nachvollziehbar, sondern muss im Einzelfall durch "Ansehen" der Person und ihrer Leistungen beurteilt werden. Allerdings kann die mittlere Qualität der Heilpraktikerausbildung, die ähnlich jener zum Psychotherapeuten i.d.R. an Privatschulen stattfindet, kaum unterschiedlicher oder wesentlich schlechter sein, als es die Facharztausbildung zum Psychiater bzw. die Fortbildung zum Psychotherapeuten in der Vergangenheit war. Auch das universitäre Studium der Psychologie bürgt nicht per se für diagnostische oder therapeutische Qualifikationen, denn dazu ist es zu vielfältig. Unter dem Begriff des Heilpraktikers sammeln sich also vom Schulabbrecher bis zum promovierten Psychologen viele Personen, Berufe und Geschichten, - nicht anders wie (auch nach Erlass des Psychotherapeutengesetzes) unter den zugelassenen Therapeuten vom Pfarrer bis zum Pädagogen sich einige Hilfreiche und viele Hilflose die Hand geben.

Heilpraktiker können im Fall der Hyperkinetischen Störung qualifizierte Diagnostiker und - eingeschränkt auch ohne Berechtigung zur Verordnung wirksamer Medikamente - gute Therapeuten sein. Ihre Diagnose hat allerdings für Behörden und Krankenkassen keine Geltung. Eine eigentliche "heilpraktische" Diagnostik gibt es nicht. Viele nicht-psychologische Heilpraktiker bedienen sich zudem fragwürdiger Methoden aus dem Bereich der Psychotechniken und Esoterik. Die inhaltlich sinnvolle und zuverlässige Diagnose der Hyperkinetischen Störung durch einen Heilpraktiker sollte sich daher grundsätzlich der gleichen Verfahren bedienen wie jene durch Ärzte und Psychologen. Aus den genannten rechtlich-organisatorischen Gründen der Finanzierung von Diagnose und Therapie ist dabei jedoch die unmittelbare Konsultation eines Arztes oder eines approbierten Psychotherapeuten der Diagnostik durch einen Heilpraktiker vorzuziehen.

 

Heilpraktiker sind zur Ausübung der Heilkunde ohne ordentliche Bestallung, d.h. ohne Approbation als Arzt oder Psychotherapeut berechtigt. Die rechtliche Grundlage dieses Status geht auf ein Gesetz von 1939 zurück. Damals war freilich nicht absehbar, welche Formen der Behandlung zukünftig unter dem leicht missverständlichen Begriff firmieren würden: häufig pseudotherapeutische Interventionen, deren Vertreter meist weder die Wirksamkeit des Verfahrens noch eine akademische Qualifikation nachweisen müssen. Dennoch arbeiten unter der Bezeichnung Heilpraktiker durchaus auch heilkundige Personen, welche die Qualität und Wirksamkeit ihrer Methoden kritisch hinterfragen und sich fachlich fortbilden.

Kriterien eines qualifizierten Heilpraktikers:

- medizinisches Wissen auf
  Grundlage einer positiven
  Haltung gegenüber der
  Schulmedizin
- psychologische Kenntnisse
  für eine gute und
  verantwortungsvolle
  Gesprächsführung
- Ablehnung nachweislich
  unwirksamer Methoden
  und Psychotechniken
- für den Patienten 
  nachvollziehbare Befunde,
  Behandlungsformen und
  Erfolgskriterien
- erkennbares Bewusstsein
  der Grenzen der eigenen
  Möglichkeiten und bei
  Bedarf "Überweisung" des
  Patienten an Ärzte 

Ergotherapie /
Sensorische Integration
nach A.J. Ayres 

Ergotherapie / Sensorische Integration

Ergotherapie und eine besondere Spielart derselben, die Sensorische Integration nach der Lehre von Jean Ayres, sind nützliche und wichtige Behandlungsformen bei vielen medizinischen, neurologischen und auch pädagogischen Problemen und Störungen. Die Ergotherapie verbindet im Alltag mehrere günstige therapeutische Effekte: Kognitive und motorische Stimulation, Anleitung zur Handlungsplanung und Verhaltensregulation, Übung im Kommunikations- und Gruppenverhalten. Ayres hat mit ihrem Konzept der Sensorischen Integration erstmals auf wichtige Schritte in der kindlichen Reifung und Entwicklung aufmerksam gemacht, die einen erheblichen Einfluss nicht nur auf die Basisfähigkeiten der Wahrnehmung haben, sondern auch Emotionalität und Verhalten des Menschen beeinflussen.

Allerdings: Ergotherapie ist per se kein geeignetes Verfahren zur Therapie der Ursachen und Symptome der Hyperkinetischen Störung. Weder ist sie eine wirksame Alternative zur Medikation noch ein Ersatz für verhaltenstherapeutische Interventionen, die gezielt störende Verhaltensweisen des Patienten ansprechen. Gleichermaßen trägt die diagnostische Kompetenz der Ergotherapeuten, die auf Seiten der Erfahrung im Umgang mit kinderpsychiatrischen Störungsbildern häufig sehr groß und nutzenswert ist, nicht wesentlich zu einer zuverlässigen Diagnose der Hyperkinetischen Störung bei. Insbesondere wird die Vielfalt des Zusammenhangs von Symptomen der Wahrnehmung, Handlungssteuerung und Praxie, d.h. des konkreten Handelns, nicht selten auf simple Muster reduziert, die Kinder ungeachtet ihrer Reife und der natürlichen Entwicklungsspielräume in enge Schubladen einordnet. Die Ergotherapie leidet hier an der gleichen problematischen Vernachlässigung der Entwicklungsperspektive wie die Psychiatrie. Beide haben nur einen recht eingeschränkten Begriff der entwicklungsbedingten Funktionalität von Verhalten und unterschätzen sowohl die Bandbreite einer regelgerechten kindlichen Reife und Entwicklung sowie die natürlichen Fähigkeiten des menschlichen Gehirns, selbständig günstige Strategien des Lernens und der Anpassung an die Umwelt auszubilden.

Jean Ayres beschreibt v.a. in den (Störungs-)Bildern der Entwicklungsdyspraxie sowie der taktilen Abwehr hervorragend viele symptomatische Aspekte der Hyperkinetischen Störung. Nur: Ihre Erklärungen des Verhaltens auf Grundlage einer ungenügenden sensorischen Integration sind weitenteils irreführend bzw. schlicht falsch. Der von ihr zur Diagnose von Störungen der Sensorischen Integration entwickelte Sensory Integration and Praxis Test enthält eine Reihe von Tests, die nicht das messen, was sie vorgeben, und deren Resultate nicht das bedeuten, was Ayres vermutet. Allerdings wird im Auftrag der Gesellschaft für Sensorische Integration - Jean Ayres - Deutschland und International e.V. derzeit ein neues Verfahren zur Messung von Wahrnehmungsdimensionen und ihrer Integration entwickelt. Dieses soll Ergotherapeuten in die Lage versetzen, zuverlässiger als bisher Störungen der Wahrnehmung und/oder Motorik erkennen und beurteilen sowie differentialdiagnostisch von anderen Störungsbildern abgrenzen zu können.

Wird ein Kind, das aufgrund einer anderen Diagnose in ergotherapeutischer Behandlung ist, seitens eines Ergotherapeuten als hyperkinetisch eingeschätzt, so ist diese Beurteilung unbedingt durch einen Facharzt und/oder Psychologen zu überprüfen. Dies nicht nur, weil auch hier die nichtärztliche Diagnose von Ämtern und Krankenkassen nicht anerkannt wird. Das Urteil aus psychiatrischer und (neuro-)psychologischer Sicht ist wichtig, da man die Hyperkinetische Störung nicht einfach sehen bzw. aus vermeintlichen oder auch tatsächlichen Defiziten in der Wahrnehmung und Motorik schließen kann. Hinweise aus der Ergotherapie können für Diagnose der HKS wichtig sein und sollten daher ernst genommen werden. Eine eigenständige Bedeutung über den therapeutischen Prozess hinaus kommt ihnen aber nicht zu, solange die Ergotherapie nicht über geeignete Diagnoseverfahren verfügt.

Ergotherapie und ihre besondere Spielart der Sensorischen Integration sind wichtige therapeutische Verfahren in der Behandlung unterschiedlicher Störungen aus dem Bereich der Neurologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie im pädagogischen Rahmen. Ergotherapeutische Interventionen wirken auf mehreren Ebenen und gehören heute zum Standardprogramm der Behandlung vielfältiger, mehr oder weniger präzise umschriebener Probleme, Auffälligkeiten und Störungen. Leider setzt die Therapie dabei nicht immer genau an den auffälligen Bereichen an, sondern formuliert aufgrund irriger Annahmen und bisweilen ungeeigneter bis unsinniger Diagnoseverfahren auch fragwürdige ideologische Behandlungsansätze.

Vorzüge der Ergotherapie:

- Etablierte therapeutische
  Verfahren
- Therapeuten haben meist
  Erfahrungen mit HKS-
  Kindern
- mehrere therapeutische
  Aspekte (Lernen, Üben,
  Steuern, Kommunikation,
  häufig Gruppenerlebnis)
  werden bedient
- nach Verschreibung durch
  einen Arzt von der
  Krankenkasse bezahlt

Nachteile der Ergotherapie / Sensorischen Integration:

- z.T. falsche Annahmen zu
  Ursache und Symptomatik
  von Störungen
- häufig ungenügende
  Berücksichtigung der
  Entwicklungsperspektive
- bisweilen in ihrer
  Wirksamkeit zweifelhafte
  und bisweilen esoterisch
  anmutende Diagnose-
  und Therapieverfahren
- kaum zuverlässige
  ergotherapeutische
  Diagnoseverfahren, keine
  geeigneten Instrumente
  zur Diagnose der HKS
- häufig im Behandlungs-
  ansatz zu unspezifisch
  und weitaus zu oft
  verordnet
  

 

 

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