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    | Ist
      schon o.k., wenn Sie fragen, ich kann eh nicht so viel erzählen. Ich
      find's schade, dass er im Heim ist, aber für Mama ist es wahrscheinlich
      besser so. Obwohl sie viel geweint hat die ersten Wochen. Es ist schon
      komisch, den eigenen Bruder woanders zu besuchen. Er hat ja immer noch
      sein Zimmer hier, aber die meisten Spielsachen sind im Heim. Ein paar
      Sachen haben uns beiden gehört, aber ich hab' ihm gesagt, dass es mir
      nichts ausmacht, wenn er sie mitnimmt. Dort kann er ja öfter damit
      spielen als bei den paar Wochenendbesuchen im Jahr. Eigentlich denke ich
      gar nicht so viel drüber nach. Meine Freunde finden das irgendwie
      spannend. Die stellen sich das vor wie vor hundert Jahren, mit Schlafsaal
      und Uniform und so. Das ist alles Schwachsinn! Ich war schon ein paar Mal
      beim Essen mit dabei, da ist es fast lustiger als nur mit Mama oder früher
      mit der Familie.   |  
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 | Manchmal
      denke ich, ich bin fast ein bisschen neidisch auf Niklas, ich meine, es
      hat sich in den letzten Jahren ja alles nur um ihn gedreht. Kein Wunder, dass
      er ausrastet, wenn er für die Show jedes Mal großes Publikum hat.
      Vielleicht hätte Mama ihn einfach rumspinnen lassen sollen, der hat sich
      schon immer wieder eingekriegt. Andererseits hat er oft furchtbar geschrieen
      und gezittert und geweint, dass ich nicht glaube, dass er's nur aus Spaß
      gemacht hat. Richtig unheimlich! Und er hatte wahnsinnig Kraft, Mama
      konnte ihn fast nicht festhalten. Eigentlich bin ich schon zufrieden, dass
      ich nicht wie er bin. Es finden ihn auch alle komisch. Wenn Mama nicht
      dabei war, haben die anderen Eltern schon immer ziemlich über Niklas
      geschimpft, dass er verzogen ist und dass er eine Tracht Prügel verdient
      hätte und in der Art. Das ist alles Scheiße, aber ich hab' nie was
      gesagt. Niklas ist eben anders, aber das kann man halt nicht immer
      vertragen.   |  
    | Er
      hat schon oft ziemlich genervt. Wir sind so oft irgendwohin zu spät
      gekommen oder mussten gehen, weil er keine Lust mehr hatte oder
      ausgeflippt ist und alles furchtbar peinlich war. Mama hat sich am Schluss
      gar nicht mehr aus dem Haus getraut. Sie schämt sich ewig für alles. Ich
      kann damit leben. Ich meine, er ist halt mein Bruder. Vielleicht hätte
      ich auch öfters mal was mit ihm machen sollen, ich meine, öfters als
      normal. Es ist schon alles ziemlich Scheiße jetzt. Hauptsache Mama kriegt
      sich wieder ein und wir machen ein bisschen auf Restfamilie. Im großen
      und ganzen habe ich jetzt meine Ruhe, das ist o.k. Natürlich kann ich mir
      Familie auch anders vorstellen, aber die Eltern sind halt verschieden. | Es
      würde eine riesige Beerdigung werden.Mit einer Fahne auf seinem Sarg.
 Die Angehörigen würden mir und Sindbad
 Geld geben. Ma würde einen von diesen
 Schleiern tragen, die übers ganze Gesicht
 gehen, und würde dahinter sehr schön
 aussehen. Sie würde leise weinen.
 Ich würde ihr, wenn wir aus der Kirche kamen,
 wenn alle auf uns guckten, den Arm um
 die Schulter legen. Sindbad kam an ihre
 Schulter noch nicht ran. [...]
 Aber das war natürlich alles Quatsch.
 Träume sind bloß in dem Moment schön,
 wo man sie träumt. Meinem Pa würde
 nichts passieren, ich wollte ja auch eigentlich
 gar nicht, dass er starb oder sonst was;
 er war mein Pa.
 Roddy
      DoylePaddy Clarke Ha Ha Ha
 Krüger (1994) S.271
 
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 | In
      meiner Klasse ist bald die Hälfte der Eltern irgendwie geschieden oder
      alleinerziehend oder leben getrennt. Micha fährt fast jedes Wochenende
      allein mit dem Zug zu seinem Vater, bis nach Hamburg. Ich kann schon fast
      alles bei uns im Haushalt, selbst Geld holen mit Mamas Kontokarte. Nur
      unterschreiben muss sie noch immer. Da merkt man, dass man halt doch nur
      ein blödes Kind ist! 
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