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therapaed - was haben wir uns dabei gedacht?
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von
Johannes Streif |
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Auf dem Foto sehen Sie meine Urgroßmutter* - mit
Enkelkindern. Sie selbst hatte drei Kinder. Meine Großmutter hatte
ihrerseits drei Söhne. Ich habe zwei Brüder. Unser Familienalbum ist
wie das vieler Familien. Obschon die Familie meines Vaters über ein
Jahrhundert am gleichen Ort lebte und wir viel voneinander zu wissen
glauben, waren und sind wir sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. In
unserer Geschichte gibt es zahlreiche Berufe: Bauern und Zimmerleute,
Gastwirte, Unternehmer/in, einen Architekten, einen Kaufmann, Ingenieure
und einen Geologen, Forstwirte und Sozialpädagogen, Schreiner und
Betriebswirte, eine Journalistin und einen Psychologen ... Und wir leben
heute in vielen Städten und verschiedenen Ländern. |
*
Anna-Maria Dilger (Aufnahme nach 1945) |
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Wir sind uns ähnlich : Wir sind alle anders
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Eine Familie ist eine
Schicksalsgemeinschaft. Sie bestimmt das Leben ihrer Mitglieder, egal ob
diese in ihr leben oder sie verlassen. Ohne die Hilfe einer
Gemeinschaft kann ein Kind nicht überleben. Diese Gemeinschaft ist in
den Fotoalben selten so festgehalten, wie sie im Alltag besteht.
Hoffnungen und Ängste sind der Treibsatz ihrer Entwicklung. Sie zwingen
die Familie zu Veränderungen, die unter Mühen und Streit eine immer
neue, immer andere Gemeinschaft begründen. Denn es sind nicht die
Hoffnungen der Familie, sondern die Erwartungen des einzelnen in ihr. Und
die Angst kommt nicht aus der Familie, sondern aus jedem von uns, die wir
immer neu einen sicheren Platz in der Gemeinschaft suchen. Drei Kinder -
drei Lebenswege. Sie entstammen der selben Familie und ihre Eltern wollen
in der Liebe zu ihnen keinen Unterschied machen. Dennoch ist ein jedes
Kind anders. Sie sehen der Mutter ähnlich und sind es doch nicht. Sie
eifern dem Vater nach und erreichen ihn doch nicht. Sie verehren Idole und
kopieren das Verhalten der älteren Geschwister und Freunde, aber sie
werden weder das Leben ihrer Vorbilder noch das ihrer Verwandten und
Freunde führen. Was aus ihnen wird, kann man nur durch die
"Brille" der Familie sehen und nur in ihrer Geschichte
verstehen. Niemals jedoch werden Eltern und Geschwister hinreichend
erklären können, warum das Kind ist, wie es ist, und welchen Weg der
Erwachsene einmal nehmen wird. |
All diese Konditionen, die oft nicht leicht zu ertragen waren,
beschrieben und beschreiben mich in einer Weise, dass ich mich gegen sie
verhielt, mich gegen sie auflehnte, mich gegen sie definierte. Sie erklären
darin, was ich ihretwegen nicht geworden bin: trotz des Todes meiner
Mutter kein Trauernder, trotz der Gleichgültigkeit meiner Eltern kein den
gesellschaftlichen Normen und Werten gänzlich Verlorener, trotz der
Lehrer weder Angepasster noch Aussteiger, trotz der Militärzeit kein
Krieger und kein Kriecher, trotz meines Sinneswandels im Studium keiner,
der stets seinen Launen folgt. |
Leben mit dem/den Unbekannten
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Joshua
Cyriac
Anders (1998) S.3 |
Leben
mit anderen heißt leben mit dem Unbekannten. Viele Eltern entdecken
irgendwann mit Erstaunen und Misstrauen, dass ihre Sprösslinge ein
Eigenleben führen: Freunde, die sie nicht kennen; verschwiegene
Schulnoten; die ersten Zigaretten, der erste Rausch; ein Anruf der
Polizei, dass die Tochter beim Diebstahl ertappt wurde. Umgekehrt ist das
nicht anders. Mancher inzwischen
erwachsene Sohn erfährt erst spät, dass sein Vater einst ohne
Führerschein Auto fuhr, dass die Mutter vor seiner Geburt eine andere
Beziehung hatte.
Auch in unseren Familien wissen wir oft sehr wenig
voneinander. Nicht nur, weil wir über vieles nicht sprechen. Vielmehr
ist uns die Welt der anderen fremd - fremd geworden, da wir nicht unter
den gleichen Bedingungen leben. Eltern sind keine Kinder mehr, und aus
Erwachsenenaugen betrachtet erscheinen die Sorgen der Kinder klein und
unbedeutend. Wer die Schule als Kind hasste, der wird als Erwachsener mit
Lehrern nicht leicht Freundschaft schließen, auch wenn die eigenen Kinder
heute ein ganz anderes Verhältnis zur Schule haben. Und in der Selbstbestimmung
durch Beruf und eigene Familie ist für Nachsicht und Unterordnung
gegenüber der Sichtweise von Verwandten, Nachbarn oder Behörden im Kopf kein Platz mehr.
Auch wenn man im Alltag oft klein begeben muss.
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Mit anderen Augen sehen
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In meiner Arbeit mit Familien war
ich häufig mit dem Problem konfrontiert, dass ich das Kind zu verstehen
glaubte - aber es gelang mir nicht, den Eltern die Sichtweise des
Kindes verständlich zu machen. Wie auch?! Wenn eine Familie ihren
verhaltensauffälligen Sohn in einer psychiatrischen Klinik vorstellt,
nachdem die Schule mit dem Rauswurf droht: Gibt es da irgend etwas im
Verhalten des Kindes, das Sinn macht? Kann der Junge denn tatsächlich
wollen, dass er trotz seiner guten Begabung keinen Schulabschluss
erreicht? Leidet er denn nicht darunter, dass er unter den
Klassenkameraden keine Freunde hat? In den 45-Minuten-Gesprächen einer Beratungsstelle oder den
Familienkontakten einer Klinik kann man Gedankenspiele machen. Stellen
Sie sich vor, Sie wären in der Lage Ihres Sohnes - was würden Sie
denn an seiner Stelle tun? In Familientherapiesitzungen ist
es möglich, eine Familie durch Aufstellungen und Rollenspiele abzubilden.
Sehen Sie, welche Funktion Ihr Sohn in der Familie hat? Diese
Vorstellungen sind künstlich. Der Therapeut kann und darf sie bloß mit
Ihrer Zustimmung anregen. Der "therapeutische" Effekt ist
abhängig davon, wie sehr Sie sich auf das Spiel einlassen. Und Sie
spielen ja nur die Rolle Ihres Sohnes in Schule oder Familie. Seine
Ängste und Nöte können Sie nicht begreifen, denn Sie haben sich auf das
Spiel nur eingelassen, damit er sich ändert und Ihren Vorstellungen
folgt. Sie wollen sein
Bestes - doch die Unterscheidung von gut und schlecht folgt Ihrer Logik.
Schließlich scheint dem Verhalten des auffälligen Kindes nur eine
selbstzerstörerische Logik innezuwohnen.
Mit den Verhaltenstrainings von therapaed gehen
wir einen neuen Weg. Hier schlüpfen Sie nicht in die Rolle Ihres Kindes.
Allerdings erleben Sie seine Gefühle, wenn Kritik nicht nur sein
Verhalten, sondern auch seine Person infrage stellt. Sie können einen
Blick auf die Größe seiner Sorgen werfen, wenn in einer
"kleinen Kinderwelt" unscheinbare Nöte eine existenzielle
Bedeutung annehmen. Anhand einer Situation, die dem Alltagserleben eines
Erwachsenen entspricht, können Sie erfahren, was kindliche Abhängigkeit
und Ausweglosigkeit bedeuten. Die Trainings von therapaed verraten Ihnen
nichts über Ihr Kind, das Sie nicht ohnehin schon wissen. Aber sie werden
Ihnen zeigen, wo und wie Sie mehr sehen und mehr verstehen können! |
Ich erinnere mich an meine Angst als Kind, jedoch nicht an meine
Furcht, das konkrete, gegenständliche Erschrecken. Mir ist kalt, doch außer
mir scheint niemand zu frieren. Hier ist es gleich wie mit der Erinnerung
an meine Mutter: Ich habe den Bezugspunkt verloren, die Idee vom Leben
jenseits meiner selbst. Vielleicht ist die Angst deshalb auch nur ein
anderes Wort für Einsamkeit. Oft liege ich nachts im Bett, ziehe meine
Knie zum Bauch hoch und fahre mir selbst durch mein Haar, als ob ich mich
streicheln wollte. Mein Magen schmerzt. Ich erinnere mich an meine
Einsamkeit als Kind so lebhaft wie an meine Angst. Beide sind keine
Melancholie und leise Ungewissheit. Sie sind lauter, stumpfer, pochender
Schmerz.
Joshua
Cyriac
Anders (1998) S.11 |
Darf man Sie provozieren ?
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Lernen ist anstrengend. Auch der
spielerische Charakter kindlichen Lernens kann nicht darüber
hinwegtäuschen, dass Neues zu versuchen und zu begreifen mühevoll ist.
Je älter wir sind, desto bewusster wird uns, dass Lernen bedeutet, etwas
(noch) nicht zu wissen oder zu können. Dieses Bewusstsein ist oft
schmerzhaft. Die Scheu vor Neuem ist bei vielen Menschen nichts
anderes als die Verweigerung, sich eigene Schwächen und Defizite
einzugestehen. In diesem Sinne ist es für's Lernen eine unabdingbare
Voraussetzung, eigene selbstgefällige Sichtweisen aufzugeben. Anders
ausgedrückt: Darf man Sie provozieren? Wenn Sie es zulassen, dass wir Sie
überraschen, finden Sie sich bei therapaed
plötzlich in Situationen wieder, in denen Sie irritiert, albern, wütend
oder traurig sind. Nicht als Ihr Kind, aber wie Ihr Kind.
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Auch wenn das auffällige Kind
im Mittelpunkt steht: In Ihrer Umgebung gibt es viele Menschen, mit
denen Sie und Ihr Kind Kontakt haben. Es lohnt sich, auch deren
Perspektive einmal "auszuprobieren". Vielleicht die Sichtweise
der Lehrerin, von der Sie enttäuscht feststellen mussten, dass sie sich
mit den Verhaltensauffälligkeiten Ihres Kindes nicht auskennt. Oder die
der Nachbarn, die Unruhe und Ungebärdigkeit des Kindes beklagen. Wenn Sie
nachempfinden können, was diese Personen an Ihrem Kind stört, können
Sie gezielter reagieren und handeln. Menschen und Systeme kann man nicht
einfach von heute auf morgen verändern. Niemand lässt sich, seine Werte,
Erfahrungen und seine Arbeit gerne insgesamt infrage stellen. Es ist aber
möglich, sich der Wahrnehmung von anderen anzunähern, ohne eigene
Sichtweisen aufzugeben. |
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therapaed - Pädagogik als Therapie
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Wie sehen die Verhaltenstrainings
von therapaed im Detail aus? Für nähere Informationen zu den Trainings,
ihrem Aufbau sowie den Veranstaltungsorten und -zeiten wechseln Sie bitte
auf die entsprechenden Seiten dieser Homepage. Den Effekt der Trainings
kann man jedoch nur skizzieren, nicht aber beschreiben. Ein Buch über
Ihre Familie wäre schließlich nur wie das eingangs angesprochene Album:
statische Bilder des Lebens. Wenn Sie die Idee von therapaed erleben
wollen, müssen Sie sich die Chance zur Teilnahme geben.
Lassen Sie sich provozieren?!
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Falls Sie persönliche
Informationen wünschen, wenden Sie sich an mich:
Johannes Streif |
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