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Manchmal
habe ich Heimweh, wenn ich ins Bett gehe. Dann bin ich ganz allein. Ab und
zu schleiche ich mich dann bei einem Freund ins Zimmer und wir liegen
gemeinsam unter der Decke. Das hat Mama nie gemacht. Wenn ich allein bin,
stelle ich mir vor, dass sie und Papa am Bett sitzen und mich streicheln.
Eigentlich mag ich das nicht. Aber ich bin ja selbst schuld, dass ich
jetzt hier bin. [...] Ich weiß, warum ich hier bin, es macht mir nichts
aus. Daheim wär's besser, glaub' ich wenigstens. Aber mir traut niemand
mehr.
Niklas |
Das Verhaltenstraining für Kinder
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Um sie dreht sich bei den therapaed
Verhaltenstrainings alles. Der amerikanische Psychologe Ronald
J. Comer hat für sein sehr kluges und unterhaltsames Handbuch Klinische
Psychologie einen Exkurs über Die Entstehung und Behandlung von
Kindheit geschrieben. Es ist aufgebaut wie die Darstellung einer
psychischen Störung im DSM (Diagnostical and Statistical Manual of Mental
Disorders), dem in den USA gebräuchlichen Diagnosemanual für
psychiatrische Erkrankungen. Als Beginn der Krankheit wird die Geburt
genannt, als Symptome sind Zwergwuchs, emotionale Unausgeglichenheit und
Unreife, Wissensdefizite und Spinatphobie aufgeführt. "Die
überwältigende Anzahl von Kindern hat staatliche Maßnahmen
unvermeidlich gemacht. Im 19. Jahrhundert wurde das bislang umfangreichste
Programm zur Behandlung von Kindheit institutionalisiert - sogenannte Volksschulen.
Innerhalb dieses kolossalen Programms erhalten die Individuen je nach
Schwere ihres Zustands einen Platz in einer Therapiegruppe. Die
schwersten Fälle werden in einen Kindergarten überwiesen. Patienten
dieses Niveaus sind typischerweise kurz, ungezogen, emotional unreif und
intellektuell unterbelichtet ... Unglücklicherweise ist das Schulsystem
zum größten Teil uneffektiv geblieben. Das Programm kostet nicht nur
Unsummen von Steuergeldern, es konnte auch nicht die steigende Inzidenzrate
von Kindheit verlangsamen. [...] Nachdem man sich jahrelang mit derartigen
Frustrationen glaubte abfinden zu müssen, legen nun sensationelle
Forschungsergebnisse die Vermutung nahe, dass die Prognose von Kindheit
nicht in allen Fällen schlecht sein muss."
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Kind
mhd. kint, ahd. kind: noch nicht geborenes, gerade oder
vor noch nicht zu langer Zeit zur Welt gekommenes menschliches Lebewesen;
ein gesundes, neugeborenes, unerwünschtes, langersehntes Kind; das
Kind mit dem Bade ausschütten; ein Kind der Liebe; Kinderarbeit;
Kinderarzt; Kindernarr; Kindheitserinnerung
Deutsches Universalwörterbuch
Duden (1989) S.834f. |
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Comers Parodie eines allein auf die Symptome
reduzierten Begriffs psychischer Erkrankungen hat einen bitteren
Beigeschmack. Tatsächlich treffen die von ihm genannten Kennzeichen von
Kindheit ja zu - und aus Sicht der Erwachsenen sind Menschen unter 1,40 m
Körpergröße, weinerlich und ohne Allgemeinbildung nicht normal. Diese
Sichtweise unterschlägt allerdings, dass Kinder sich entwickeln. Ohne
Bezugsrahmen ist jedes Symptom sinnlos: Klein für welches Alter?
Emotional unreif im Vergleich mit wem? Ungebildet angesichts welcher
Anforderungen?
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Als ich mich daranmachte,
über Michel zu schreiben, war Samuel August für mich mehr wert als jedes
Nachschlagewerk. [...] Er erinnerte sich noch an Stiere, die vor einem
halben Jahrhundert aufgehört hatten zu brüllen, ja er erinnerte sich
einfach an alles. Sogar an jenen Tierarzt, der lange vor der
Jahrhundertwende auf unserer Rinderkoppel ein Hengstfohlen zu kastrieren
hatte und verlangte, dass Samuel August und sein Bruder Linnert den Kopf
des Fohlens halten und ihm als eine Art Narkose tröstend vorsingen
sollten: Schon gut, kleines Fohlen, armes kleines Pferd! "Dabei
konnte Linnert keinen einzigen Ton treffen", sagte Samuel August
entrüstet, als er davon erzählte. Nun kann nicht verschwiegen werden,
dass auch Samuel Augusts Singstimme nicht gerade dazu geeignet war,
Schmerzen irgendwelcher Art zu lindern. Mit dieser Narkose war es also
sicherlich nicht weit her gewesen, armes kleines Pferd! Astrid Lindgren
Das entschwundene Land
Oetinger (1977) S.98f. |
Selbst Fachleute vergessen im
Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern häufig die Frage nach dem
Bezugsrahmen. Leider sind vor allem im ärztlichen Bereich die
entwicklungspsychologischen Kenntnisse nicht selten gering. Das kann
sowohl eine übertriebene Diagnosestellung bei psychischen
Auffälligkeiten zur Folge haben als auch eine unzureichende Behandlung.
Ob man beispielsweise ein unruhiges Kind als hyperaktiv bezeichnen wird,
hängt von der Umwelt ab: Ist es deutlich unruhiger als andere Kinder in
seinem Alter, in seiner Umgebung und unter seinen Lebensumständen?
Mancher Arzt und Therapeut träumt von einer treffsicheren
"Diagnosemaschine", die nach festen Kriterien quasi
zwangsläufig die richtige Diagnose stellt und die nachweislich beste
Therapie verordnet. Eine wohlhabende Familie mit Haus und Garten am
Stadtrand wird mit der Hyperaktivität des Sohnes aber anders umgehen
können als eine alleinerziehende Mutter in ihrer kleinen und hellhörigen
Stadtwohnung. Selbst für eine medikamentöse Behandlung sind soziale
Kriterien durchaus legitim, wenn z.B. die Einnahme von Tabletten dort hilft, wo
andere Maßnahmen nicht schnell und zuverlässig genug Abhilfe schaffen
können. Jede Intervention in der Behandlung verhaltensauffälliger Kinder
muss daher berücksichtigen, was die Umwelt des Kindes erfordert und
leisten kann. Und sie muss zwischen den Aufgaben unterscheiden können,
die für die Entwicklung des Kindes wichtig sind oder nur eine
vorübergehende Bedeutung im sozialen Kontext haben. Für die Betreuung
und Therapie von Kindern werden in unserer Gesellschaft heute Milliarden
an Euro ausgegeben. Das ist an sich gut investiertes Geld. Im Einzelfall
sind jedoch viele therapeutische Maßnahmen weitaus zu teuer dafür, dass
sie spezifische Probleme mit unspezifischen Mitteln angehen. Oft wäre
die Anleitung von Eltern, Lehrern und Erziehern wesentlich effektiver,
denn der gesunde Alltag der verhaltensauffälligen Kinder besteht ja
gerade nicht aus Therapie, sondern aus Familie, Schule und Freizeit. Das
soll nicht heißen, dass die individuelle therapeutische Begleitung eines
Kindes unter bestimmten Voraussetzungen keinesfalls sinnvoll sein kann.
Eine entspannte Stunde pro Woche in der Spieltherapie kann jedoch das
entspannte Spiel in der Familie nicht ersetzen. Die Verbesserung
feinmotorischer Fertigkeiten durch Ergotherapie mag Erfolge zeigen, aber
diese Kompetenzen sind drittrangig nach sozial-kommunikativen Fertigkeiten
und Schulleistungen. Deshalb kann auch ein Verhaltenstraining für
Kinder und/oder Jugendliche "nur" in einem begrenzten Zeitrahmen
an das soziale Lernen in einer besonderen Freizeit-Gemeinschaft appellieren.
Inwieweit die Kinder das hier gelernte Verhalten auch in Familie und
Schule zeigen, hängt im wesentlichen davon ab, dass es auch in diesen
Umgebungen Sinn macht und gewürdigt wird. |
therapaed arbeitet
derzeit an Konzepten eines Verhaltenstrainings für Kinder und
Jugendliche. Weniger noch als im Fall der Eltern und Lehrer wird es
einen therapeutischen Charakter haben. Bei den Kindern soll es gerade
nicht um die in vielen Therapien, aber auch in manchen pädagogischen
Einrichtungen überbetonte Reflexion des auffälligen Verhaltens gehen.
Eine solche "Selbstbetrachtung" der eigenen problematischen
Verhaltensweisen ist für Kinder wie Erwachsene ein peinliches und meist
widersinniges Unterfangen. Es stellt ausgerechnet die unerwünschte
negative Seite der Person heraus, übertreibt die soziale Bedeutung einer
Störung und lässt eine künstliche Beziehung zwischen Therapeut und
Patient entstehen, die durch das Unbehagen in der Situation zugleich
belastet wird. Grundidee der therapaed Verhaltenstrainings
ist es jedoch, eine Lernsituation zu schaffen, welche die Akzeptanz
des Verhaltens begünstigt. Bei verhaltensauffälligen Kindern und
Jugendlichen heißt das, den Vorteil angemessenen Sozialverhaltens
spielerisch zu erproben und im Alltag spürbar zu machen.
Da Erziehung von Kindern dann am wirksamsten ist, wenn sie als ein
natürlicher und selbstverständlicher Teil des Alltag praktiziert und
erlebt wird, planen wir, das Verhaltenstraining nicht als isoliertes
Programm an Nachmittagen anzubieten, sondern als Wochenend- oder
Ferienprogramm im Rahmen eines größeren Freizeitangebots. Dies
könnte beispielsweise ein Hüttenaufenthalt in den Bergen sein,
bei dem die Trainingsstunden nur einen Teil des gemeinschaftlichen
Erlebens ausmachen. Inwieweit die Eltern bei einem solchen Angebot
miteinbezogen werden können und sollen, ist noch offen. Für Anregungen
sind wir stets dankbar.
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therapaed
Verhaltenstraining
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Wo?
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Bei Fragen setzen Sie sich bitte per E-Mail
oder telefonisch mit uns in Verbindung. Danke
für Ihr Interesse! |
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