Die wissenschaftliche
Psychologie, die "Lehre von den Erscheinungen und Zuständen des
bewussten und unbewussten Seelenlebens" (DUDEN Herkunftswörterbuch),
nahm ihren Ursprung im späten 18. Jahrhundert. Auf diese Zeit geht auch
ihr Name zurück, der aus Ableitungen der griechischen Wörter "psyche"
(= Atem / Seele) und "logos" (= Wort / Gedanke) zusammengesetzt
ist. 1782 verfasste der Autor und damalige Konrektor des Berliner
Gymnasiums zum Grauen Kloster, Karl Philipp Moritz, den Aufruf zur
Gründung eines "Magazin zur Erfahrungsseelenkunde". Es erschien
zehn Jahre lang bis zum Tod seines Gründers. Dessen berühmter
"psychologische" Roman » Anton Reiser « (unvollendet)
montiert in vier Bänden die Erkenntnisse, welche in der Zeitschrift
gesammelt wurden, sowie eigene, vielfach autobiographische Erfahrungen des
Autors zu einer bedrückenden entwicklungspsychologischen
Lebensgeschichte.
Viele berühme Zeitgenossen und Persönlichkeiten der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts trugen mit ihren Erkenntnissen zur Entstehung früher
psychologischer Vorstellungen bei: Der Anatom Franz Joseph Gall,
der psychische Zustände und Regungen an der Schädelform erkennen zu
können glaubte; der Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der u.a.
seine Höhenangst mit detailliert beschriebenen verhaltenstherapeutischen
Maßnahmen behandelte; oder Charles Darwin, der Begründer der
Evolutionstheorie, der sich lange mit dem Ausdruck von Emotionen
beschäftigte. Die neue wissenschaftlich- akademische Psychologie gewann
jedoch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an Bedeutung. Ihr
Ausgang waren die psycho- physikalischen Studien von Ernst Heinrich
Weber, Hermann von Helmholtz, Gustav Theodor Fechner oder
Wilhelm Wundt, deren Forschungen und Befunde noch heute an
Universitäten gelehrt werden. Die Beschäftigung mit Persönlichkeit und
Entwicklung, den heute zentralen "klassischen" Themen der
klinischen Psychologie und Psychotherapie, begann allerdings erst im 20.
Jahrhundert. Ihre Vertreter wie das Ehepaar Stern, Charlotte
Bühler, Hildegard Hetzer oder Jean Piaget begründeten
Diagnose- und Therapieformen, die in vielen universitären Schulen noch
immer wirksam sind. Mit der Tiefenpsychologie nach Sigmund Freud, Carl
Gustav Jung und Alfred Adler nahm die Psychotherapie eine
Gestalt an, die bis zum heutigen Tag fortwirkt.
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Buchcover zu K. P. Moritz
» Anton Reiser «
Ärzte / Fachärzte
Andere Berufe
Selbstdiagnose
Entbehrlich
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Fachrichtungen der Psychologie
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Diagnostische Erfassung der
Kernsymptome
Weiterführende
interessante Informationen |
Unter den verschiedenen Disziplinen der Psychologie und Psychotherapie
sind - gleich Fachärzten - die Vertreter verschiedener Richtungen bzw. Schulen den
Inhalten ihrer Ausbildung und Tätigkeit nach für die Stellung der
Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung geeignet. Unter den Fachrichtungen der Psychologie sollten die Klinischen
Psychologen sowie die Entwicklungspsychologen grundsätzlich
durch Studium und Arbeit mit dem Störungsbild vertraut sein. Im
therapeutischen Alltag haben diese Richtungen jedoch keine feste
Bedeutung. Hier ist bedauerlicherweise auch nach der Verabschiedung des
deutschen Psychotherapeutengesetztes (PsychThG) für die Patienten de
facto kaum etwas klarer und verlässlicher als zuvor. Unter den heute zugelassenen
Psychotherapeuten sind fast ausschließlich die bereits früher im
Delegationsverfahren (d.h. auf Verschreibung der Ärzte) tätigen
Psychotherapeuten wieder "am Markt" - nun durch Gesetzgebung und
die restriktive Kassenzulassung vor dem bisweilen besseren Nachwuchs
geschützt. Betrachtet man die zugelassenen Therapieschulen, die sich
letztlich mehr in der Therapieform als den diagnostischen Standards
unterscheiden sollten, so sind v.a. im Kindes- und Jugendalter Verhaltenstherapeuten
den Vertretern humanistischer und tiefenpsychologischer
Verfahren vorzuziehen. Gerade letztere haben sich in Person einzelner,
auch recht prominenter Therapeuten durch z.T. fragwürdige Mutmaßungen
oder gar Behauptungen zur Ursache der Hyperkinetischen Störung auch
diagnostisch disqualifiziert.
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Im Alltag verschwindet die Therapieschule jedoch meist hinter der
Persönlichkeit des Therapeuten. Ungeachtet der hier angeführten
Vorüberlegungen sollte bei der Wahl des Diagnostikers wie auch des
Therapeuten daher die eigene kritische Einschätzung der fachlichen wie
menschlichen Qualitäten des Arztes oder Psychologen im Mittelpunkt
stehen. Wichtig ist bereits beim Stellen der Diagnose nicht allein das
Wissen um die Störung, sondern v.a. auch die Hilfe, die aus den
diagnostizierten Problemen abgeleitet wird.
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Fragebogen für Kinder
Fragebogen für Erwachsene
Neuropsych. Verfahren
Aufgaben aus Intelligenztests
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Diagnostische
Erfassung der Kernsymptomatik
Die Kernsymptomatik der Hyperkinetischen Störung
besteht aus Symptomen der Impulsivität,
Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung. Die Symptome aller drei
Gruppen werden bis heute primär durch Beschreibungen von Personen aus
der Umwelt der Betroffenen bzw. der Patienten selbst erfasst. Das gilt
insbesondere für die ärztliche Praxis, die tendenziell weniger mit
Verfahren aus dem Bereich der Psychodiagnostik wie Tests oder
neuropsychologischen Messgeräten vertraut ist. Aber auch viele
Psychologen verfügen weder über die Erfahrung noch die Ausstattung zur
standardisierten Überprüfung von Auffälligkeiten im Bereich der
Kernsymptomatik. Ungeachtet aller klinischen Routine vieler Ärzte und
Psychotherapeuten ist eine Diagnosestellung, die sich ausschließlich auf
unstrukturierte Gespräche mit dem Betroffenen und seiner sozialen
Umgebung stützt, nicht hinreichend genau, um die subjektive
Auffälligkeit in Teilbereichen vom Vorliegen der Störung sicher
abzugrenzen.
Ein einfacher Zugang zu standardisierten und zum
Teil auch normierten, d.h. mit einer Gruppe von unauffälligen Menschen
vergleichbaren Daten besteht in der Anwendung von Fragebogenverfahren.
Diese fragen das Verhalten einer Person in bestimmten Situationen ab; der
Patient oder "Beobachter" (Eltern, Lehrer, Freunde) beantworten
fest vorgegebene Fragen mit »Ja« oder »Nein« bzw. bewerten Aussagen
über das Verhalten hinsichtlich der Stärke ihres Zutreffens auf den
Patienten.
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Fragebogenverfahren
für Kinder
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Ausschnitt der CBCL 4-18 |
Child Behavior Checklist (CBCL):
Die CBCL ist das weltweit gebräuchlichste Fragebogenverfahren zur
Erfassung von Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen von
4 bis 18 Jahren.* Sie richtet sich an die Eltern der Betroffenen und
gliedert sich in drei Kompetenzskalen zu Schule und Freizeit sowie acht
Syndromskalen, die einzelne Verhaltensaspekte erfassen. Für die CBCL gibt
es Normen aus den USA, die auch in Deutschland anwendbar sind, da die
Ergebnisse zurückhaltender als bei amerikanischen Kindern und
Jugendlichen ausfallen. Ein eigene Skala zum Hyperkinetischen Syndrom hat
die CBCL nicht.
[* Neben der bekannten CBCL existiert auch eine CBCL 2-3
für Kinder im Alter von 2 und 3 Jahren; darüber hinaus gibt es zur CBCL
eine parallelisierte Jugendversion, die von Kindern und Jugendlichen
selbst ausgefüllt wird, sowie eine Lehrerversion.]
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Gemeinsame hohe
Werte (T>70; PR>98) auf den Syndromskalen VI Aufmerksamkeitsstörung
und VIII Aggressives Verhalten weisen auf das Vorliegen
einer Hyperkinetischen Störung hin; ist auch das Ergebnis auf Skala VII
Delinquentes Verhalten weit über dem Durchschnitt, so ist eine
Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens gegeben bzw. zeichnet sich
ab. |
US-Ausgabe der CRS |
Conners' Rating Scale (CRS):
Die Einschätzungsskalen von Conners sind das bekannteste Verfahren zur
Erfassung von kindlichen Aufmerksamkeitsstörungen und Hyperaktivität.
Sie liegen für Eltern und Lehrer als Kurz- sowie Langversionen vor und
beinhalten Verhaltensbeschreibungen, die jenen in der ICD-10 ähneln. Die
Conners-Skalen sind in unterschiedlichen Übersetzungen auch im
deutschsprachigen Raum im Umlauf. Brauchbare Normen gibt es hierzulande
allerdings nicht.
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Die CRS in ihren
diversen Versionen bieten einen guten Überblick über kindliche
Auffälligkeiten aus dem Bereich der Hyperkinetischen Störung. Sie eignen
sich v.a. zur Therapiekontrolle. Diagnostisch ist von Nachteil,
dass sie sehr gezielt nach Symptomen ausschließlich dieser Störung fragen, was zur
Überbewertung spezifischer Aspekte verführt. |
Ausschnitt aus dem HKS |
Fragebogen zum Hyperkinetischen
Syndrom und Therapieleitfaden (HKS): Der HKS, ein Verfahren, das seit
1993 in Anwendung ist, besteht aus nur 15 Items (Fragen) und einem sehr
kurzen Manual, das man kaum ernsthaft als Therapieleitfaden akzeptieren
kann. Der HKS mag beim Verdacht auf das Vorliegen einer hyperkinetischen
Störung weitere Indizien liefern - ein für sich brauchbares
Diagnoseinstrument ist er hingegen nicht.
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Der HKS ist ein sehr
knapper, allerdings normierter Test zur Erfassung von Symptomen der
Hyperkinetischen Störung. Eine in der klinischen Praxis hinreichende
diagnostische Genauigkeit erreicht er nicht. |
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Fragebogenverfahren für
Erwachsene
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CAARS |
Conners' Adult ADHD Rating
Scales (CAARS): Die CAARS sind ein recht neues Verfahren zur Diagnose
einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung im
Erwachsenenalter. Sie liegen für die Patienten selbst in einer Kurz- und
Langversion vor. Darüber hinaus gibt es eine Screening-Version für
externe Beobachter der Verhaltensstörung. Die fünf Skalen der
Kurzversion geben nicht unmittelbar die DSM-Kriterien wieder; die
Langversion enthält zudem die Fragen des DSM-IV. Für Kurz- und
Langversion einerseits sowie die Screening-Version andererseits gibt es in
den USA umfangreiche Normen. Eine Übertragung des Verfahrens ins Deutsche
wird erwogen, liegt jedoch noch nicht vor.
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Die CAARS sind ein
gut durchdachtes, gestaltetes und normiertes Verfahren zur
Erfassung von Symptomen der Hyperkinetischen Störung. Leider liegt eine
Übertragung des Tests ins Deutsche bislang nicht vor. |
Brown ADD Scales |
Brown ADD Scales (BADDS): Das
Testverfahren von Thomas Brown umfasst nicht nur einen Fragebogen mit 40
Items zum Selbstbericht, sondern auch einen umfangreichen Anamnesebogen,
der alle für die Diagnosestellung wichtigen Bereiche (DSM-Kriterien,
Intelligenz, andere und/oder komorbide Störungen) berücksichtigt. Für
die Skalen des Fragebogens liegen differenzierte T-Wert-Normen vor, die
allerdings aufgrund der geringen Anzahl Items pro Skala nicht sehr
aussagekräftig erscheinen. Eine Gesamtskala stellt jedoch einen
zuverlässigen Indikator für das Vorliegen einer
Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADD [= ADS] nach DSM-IV) dar. Vom
Fragebogen sind in deutschen Kliniken und Praxen verschiedene i.d.R. nicht
autorisierte Übersetzungen im Umlauf.
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In der
psychologischen und ärztlichen Praxis sind die BAADS das brauchbarste,
weil einzige die gesamte Krankheitsgeschichte erfassende
Testverfahren für die Diagnose der ADD (ADS) bei Erwachsenen. Die Normen
für die Einzelskalen sind allerdings aufgrund der geringen Anzahl Items
pro Skala mit Vorsicht zu nutzen. |
Ausschnitt aus der WURS |
Wender Utah Rating Scale (WURS):
Die WURS sind ein recht gutes Verfahren zur retrospektiven Erfassung
hyperkinetischen Verhaltens im Kindesalter. Das Bestehen der Störung
bereits in Kindheit und Jugend ist nämlich eine Voraussetzung auch der
Diagnose im Erwachsenenalter. Dazu enthält die WURS 61 Aussagen, die
hinsichtlich ihres Zutreffens auf das Verhalten in der Kindheit vom
Patienten selbst einzuschätzen sind. Allerdings werden zur Diagnose nur
25 statistisch als zuverlässig ermittelte Items herangezogen. Von der
WURS liegt seit 1997 eine autorisierte Übersetzung durch Götz-Erik Trott
vor.
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Die WURS sind ein
Verfahren zur rückblickenden Diagnose einer Hyperkinetischen
Störung im Kindesalter. Die Items sind gut ausgewählt und erschweren es
dem Patienten, eine Diagnose durch gezieltes Antworten zu begünstigen. |
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Einzelne Aspekte der
Kernsymptomatik der Hyperkinetischen Störung sind auch mit neuropsychologischen
Testverfahren messbar. Der Einsatz solcher Tests ist sinnvoll, um
Berichte und situative Beobachtungen durch die Ergebnisse
standardisierter Methoden der Datenerhebung zu untermauern. Denn:
Selbstbeherrschung und Konzentration sind nicht nur physiologisch, d.h. in
der angeborenen Natur des Menschen vorgegeben, sondern zugleich von
erlernbaren Strategien abhängig. Daher ist es wichtig, die entsprechenden
natürlichen Voraussetzungen eines Menschen möglichst getrennt von
denkbaren Einflüssen durch ungenügendes Wissen und unzureichende
Strukturierung der Umwelt zu untersuchen. Neben meist
computergestützten Testverfahren zur Messung von Aspekten der
Aufmerksamkeit und Impulsivität können auch einzelne Aufgaben aus
Intelligenztests oder Geräte zur Erfassung der motorischen Aktivität im
Diagnoseprozess wichtige Informationen liefern.
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Neuropsychologische Verfahren
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Screenshot des TAP 1.5 |
Testbatterie zur
Aufmerksamkeitsprüfung (TAP): Die TAP ist im Grundsatz ein
computergestützter Test zur Messung von Aufmerksamkeitsleistungen, zu
welchen im Verständnis der Autoren auch Funktionen der Wahrnehmung und
des Gedächtnisses zählen. Das Testverfahren zielt dabei jedoch nicht auf
die Diagnose einer Aufmerksamkeitsstörung im Rahmen der Hyperkinetischen
Störung ab. Durch Frau Dr. M. Noterdaeme, Oberärztin an der
Heckscher-Klinik München, wurden im Rahmen ihrer Habilitation jedoch
statistische Daten für Kinder und Jugendliche ab 7 Jahren ermittelt.
Indikatoren einer Störung der Aufmerksamkeit im Kontext einer
Hyperkinetischen Störung sind die Subtests Geteilte Aufmerksamkeit,
Reaktionswechsel, Visuelle Vigilanz sowie Visuelles
Scanning. Allerdings beweisen auffällige Werte in einem oder mehreren
der Subtests das Vorliegen der Störung nicht zweifelsfrei, wie auch
unauffällige Werte die Diagnose eine Hyperkinetischen Störung nicht
ausschließen. Leider sind die Normen von Frau Dr. Noterdaeme sowie ihre
Interpretation bis heute nicht veröffentlicht.
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Mit den Normen
für Kinder und Jugendliche von Frau Dr. Noterdaeme wird die TAP zum
momentan einzigen brauchbaren, zuverlässigen und hinreichend genau
normierten Testverfahren der Aufmerksamkeitsleistung bei Kindern und
Jugendlichen. Eine gültige Messung der Aufmerksamkeit ohne technische
Verfahren (i.d.R. unter Verwendung eines Computers) ist nicht
möglich. Gängige "Paper-Pencil-Tests" (Tests mit Papier
und Bleistift) wie d2 oder KLT sind hier alleine nicht aussagekräftig. |
Screenshot des SRKT-K |
Selbstregulations- und
Konzentrationstest für Kinder (SRKT-K): Der SRKT-K ist in
Verbindung mit dem Selbstregulations-Strategientest für Kinder (SRST-K)
des renommierten Autors Julius Kuhl ein cleveres Testverfahren zur differenzierenden
Beurteilung mangelnder Selbstregulationsfähigkeiten bzw. -kompetenzen von
Grundschulkindern der ersten bis vierten Klasse. Der Test verlangt dazu
die Lösung einer Reaktionsaufgabe und lenkt die Kinder zugleich mit einem
nebenbei ablaufenden, jedoch nicht beeinflussbaren Wettklettern von
Klammeräffchen ab. Die Ergebnisse des SRKT-K zeigen eine statistische
Verbindung zu Lehrerurteilen über die Vergesslichkeit, Ablenkbarkeit und
Ausdauer der Kinder sowie Zusammenhänge mit Schulnoten und der
Ergebnissen von Leistungstests. Einziger Wermutstropfen: Die
DOS-Oberfläche des Testverfahrens wirkt im Zeitalter hochauflösender
Computerspiele ein bisschen antiquiert.
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Der SRKT-K ist ein
cleveres Verfahren zur Messung von Konzentrationsleistung, impulsiven
Reaktionen und Ablenkbarkeit. In Einheit mit dem SRST-K ist es
möglich, Defizite in der kindlichen Selbstregulation, wie sie für die
Hyperkinetische Störung typisch sind, vom Mangel an erlernten brauchbaren
Selbstregulationsstrategien zu unterscheiden. Leider ist die Oberfläche
des Tests aus den Anfangsjahren DOS-basierter Programme und wirkt daher
veraltet. Die Qualität von Computerspielen auf Handys wird allerdings
erreicht. |
Beispiel für ein Aktometer |
Aktometer wie das Gerät ActiTrac
von IM-Systems erlauben die bequeme und im Alltag kaum störende
Aufzeichnung von motorischer Bewegung z.B. der Beine. Dazu werden die
armbanduhrgroßen und gegen äußere Einwirkungen (Schläge, Spritzwasser)
weitgehend unempfindlichen Messgeräte einfach oberhalb des Knöchels des
"nichtdominanten" Fußes (bei Rechtshändern der linke Fuß und
umgekehrt) mit einem Band befestigt. In Abschnitten von wenigen Sekunden
speichert ein Chip im Aktometer Daten über die Art und Dauer der
Bewegung. Diese können z.B. nach einer Woche durch ein Computerprogramm
ausgelesen und weiterverarbeitet werden. Hat man Vergleichswerte von
anderen Personen, kann man abschätzen, inwieweit die Hyper-Aktivität
eines Patienten tatsächlich über dem Durchschnitt der Bewegungsunruhe
von Menschen in vergleichbaren Lebensbedingungen liegt. Eine solche
objektive Messung der Bewegung ist v.a. dann wichtig, wenn Berichte aus
der Umwelt der/des Betroffenen ein widersprüchliches Bild ergeben.
Darüber hinaus lässt sich mittels Aktometer eine Kontrolle der
Wirksamkeit von Behandlungsformen auf die Kernsymptomatik der
Hyperaktivität vornehmen - was nicht nur für die medikamentöse Therapie
von Interesse ist.
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Aktometer sind
sinnvolle Messinstrumente zur objektiven Erfassung von motorischer
Aktivität. Moderne Geräte sind klein und bequem zu tragen, d.h. sie
behindern alltägliche Aktivitäten nicht. Die Daten können nach
längeren Zeiträumen ausgelesen und mit dem Computer analysiert werden.
Da Hyperaktivität je nach Lebensbedingungen ein sozial sehr
störendes Symptom sein kann, ist die genaue Einschätzung der
Ausprägung von Unruhe für Diagnose und Behandlung des Hyperkinetischen
Syndroms wichtig. |
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Aufgaben aus Intelligenztests
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HAWIK-III |
Hamburg Wechsler Intelligenztest
für Kinder - Dritte Auflage (HAWIK-III): Die Subtests Mosaik-Test
und Figurenlegen des HAWIK-III bilden Denkleistungen ab, die bei
Russel A. Barkley unter dem Oberbegriff der
"Rekonstitutionsfähigkeit" zusammengefasst werden. Damit ist
die Fähigkeit gemeint, Handlungen, aber auch Formen selbständig zu
analysieren und zu neuen Gestalten zu kombinieren. In diesem Sinne
verlangen die Aufgaben des Mosaik-Tests die gedankliche Teilung
eines Musters und seinen Nachbau durch vorgegebene Würfel. Im Fall des Figurenlegens
muss die Testperson Puzzle legen, wobei die Vorstellung davon, was
für eine Gestalt die Teile zusammen ergeben werden, die Aufgabe deutlich
erleichtert. Kinder und Jugendliche, die am Hyperkinetischen Syndrom
leiden, zeigen in beiden Subtests des HAWIK-III häufig
unterdurchschnittliche Leistungen verglichen mit dem Gesamt-IQ. Eine
diagnostische Sicherheit ist aus dem beobachteten Zusammenhang jedoch
nicht abzuleiten.
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Ähnliche Aufgaben
wie der Mosaik-Test und das Figurenlegen des HAWIK-III sind
auch in anderen mehrdimensionalen, d.h. verschiedene Aspekte der
intellektuellen Begabung erfassenden IQ-Tests enthalten (vgl. für
Kinder: AID, K-ABC; für Erwachsene: HAWIE). Für Kinder mit durchschnittlicher
und v.a. überdurchschnittlicher Begabung ist der AID 2 als
Intelligenztest dem HAWIK-III vorzuziehen, da er neben dem besseren
Testkonzept auch keine Übertragung aus einer anderen Sprache und einem
abweichenden Kulturraum darstellt. |
Ausschnitt des AID 2 |
Adaptives Intelligenz
Diagnostikum 2 (AID 2): Auch der AID 2, wie der HAWIK-III ein
Intelligenztest für Kinder und Jugendliche ab Schulalter, enthält mit
den beiden Subtests Antizipieren und Kombinieren sowie Analysieren
und Synthetisieren Aufgaben, welche die Rekonstitutionsfähigkeit nach
Barkley (s.o. unter HAWIK-III) überprüfen. Erstere ist dem Figurenlegen,
zweite dem Mosaik-Test des HAWIK-III vergleichbar. Die Items von Analysieren
und Synthetisieren des AID 2 sind insgesamt vorteilhafter, da sie fast
ausschließlich Muster ohne Würfelgrenzen vorgeben, d.h. die
Analysefähigkeit umfangreicher berücksichtigen.
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Der AID (2) ist in
seiner ersten (und zweiten) Fassung ein hervorragender IQ-Test für
Kinder und Jugendliche. Sein testtheoretisches Modell zeichnet ihn vor
allen anderen Intelligenztests (auch jenen für Erwachsene) aus und
gewährleistet sehr zuverlässige und genaue Ergebnisse. |
US-Ausgabe des K-ABC |
Kaufman - Assessment Battery for
Children (K-ABC): Die K-ABC ist auch im deutschsprachigen Raum
der Standardintelligenztest v.a. für jüngere Kinder. Die Lese- und
Schreibfertigkeit ist nur für die Zusatztests eine notwendige
Voraussetzung. Der Subtest Nr. 6 Dreiecke ist dem Mosaik-Test
des HAWIK-III bzw. dem Analysieren und Synthetisieren des AID
vergleichbar. Allerdings gilt für die Items der Dreiecke die
gleiche Einschränkung wie für die entsprechende Aufgabe des HAWIK-III
(vgl. AID 2).
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Die K-ABC ist ein
sehr guter Intelligenztest v.a. für jüngere Kinder sowie
Grundschüler, die mit dem Lesen und Schreiben Probleme haben. Die
Aussagekraft seiner Skalen für die Diagnose des Hyperkinetischen Syndroms
ist auf den Subtest Dreiecke beschränkt. |
David Wechsler |
Intelligenztests für Erwachsene
wie der Hamburg Wechsler Intelligenztest für Erwachsene - Revision
1991 (HAWIE-R) verfügen z.T. über vergleichbare Subtests und Skalen.
Allerdings ist bei der Diagnose von Erwachsenen, die an einer
Hyperkinetischen Störung leiden, die Erfassung neuropsychologischer
Informationen meist nicht vordringlich, weil aus ihnen i.d.R. kaum
therapeutische Maßnahmen abzuleiten sind und die Patienten meist auch
keiner spezifischen Förderung wie betroffene Schulkinder bedürfen.
Darüber hinaus sind - leider! - die entsprechenden Zusammenhänge bei
Erwachsenen noch schlechter untersucht als bei Kindern und Jugendlichen.
Dennoch sind neuropsychologische Untersuchungen und IQ-Tests bei
Erwachsenen ein entscheidender Bestandteil der Diagnostik, um insbesondere
andere Ursachen für Defizite in der Aufmerksamkeit und Selbststeuerung
auszuschließen.
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Mehrdimensionale
IQ-Tests für Erwachsene (u.a.):
- Hamburg Wechsler Intelligenztest für
Erwachsene (HAWIE-R)
- Mannheimer
Intelligenztest (MIT)
Andere mehrdimensionale Verfahren wie der Intelligenz
Struktur Test (IST [2000 R]) sind in ihrer Perspektive trotz mehrerer
Subtests stark auf Aspekte eng umschriebener kognitiver Leistungen
beschränkt und eignen sich nach bisherigen Erfahrungen wenig zur
Absicherung der Diagnose einer Hyperkinetischen Störung |
Tests zur Messung der Begabung
Tests bei Teil- leistungsstör.
Wahrnehmung und Gedächtnis
Motoriktests
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Diagnostisch
interessante Informationen,
die über die Kernsymptomatik hinausgehen:
Mit der Hyperkinetischen Störung ist häufig eine Reihe von
Auffälligkeiten verbunden, die nicht unmittelbar Ausdruck der
Kernsymptomatik sind, jedoch mit der Störung und/oder komorbiden
Störungen in Zusammenhang stehen. Bisweilen ist es nicht nur interessant,
sondern notwendig, diese weitergehende Symptomatik genauer zu betrachten,
weil sie wichtige Informationen für die Differentialdiagnostik,
d.h. die Abgrenzung der Hyperkinetischen Störung von anderen Störungen
bereithält. Dazu sind neben der Allgemeinen Intelligenz - die
entgegen der Bezeichnung "allgemein" dennoch stets nur ein
beschränktes Bild der intellektuellen Leistungsfähigkeit darstellt -
v.a. Wahrnehmungs- und Gedächtnisleistungen sowie motorische
Fähigkeiten von Interesse. Die große Mehrheit der hier
gebräuchlichen Testverfahren stammt aus dem Bereich der (Neuro-)Psychologie
und wird i.d.R. von Psychologen durchgeführt. An dieser Stelle sind
allerdings auch medizinische Untersuchungen sehr wichtig, um
beispielsweise physiologische Fehlfunktionen von Sinnesorganen und andere
organische Ursachen für falsche Steuerungsprozesse von Wahrnehmung und
Motorik auszuschließen bzw. einzugrenzen. |
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Messung der Intelligenz
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Albert Einstein im Alter von 6 Jahren |
Mehrdimensionale
Intelligenztests für Kinder und Jugendliche (u.a. HAWIK-III, AID 2,
K-ABC) gehören zur Standarddiagnostik bei Verhaltensstörungen. Eine
notwendige Voraussetzung angepassten Verhaltens ist nämlich, die
Anforderungen der Umwelt verstehen zu können. Dazu bedarf es einer
basalen Begabung in unterschiedlichen Bereichen der geistigen Leistung.
Aufmerksamkeit bzw. die Fähigkeit zur Konzentration der geistigen
Aktivität auf bestimmte Gegenstände ist ein Bestandteil der Intelligenz.
Hyperaktivität, d.h. motorische Überaktivität kann auch ein Symptom von
Entwicklungsstörungen oder geistiger Behinderung sein; sie wird in
solchen Fällen meist anders als die Hyperkinetische Störung behandelt.
Gelegentlich werden auch im Fall von Hochbegabung Symptome beschrieben,
die denen der Hyperkinetischen Störung ähnlich sind. Unter- oder
Überforderung allein machen jedoch nicht zwangsläufig unruhig,
unaufmerksam oder impulsiv. Die Begabungstestung ist daher kein
Grundpfeiler der Störungsdiagnostik, doch ergibt sie i.d.R. wichtige
Informationen zu möglichen anderen Ursachen des auffälligen Verhaltens.
Darüber hinaus erlaubt sie eine mit großer Vorsicht vorzunehmende
Einschätzung der Entwicklungsperspektiven sowie der Erfolgsaussicht
bestimmter Behandlungsformen, die der Einsichtsfähigkeit des Kindes oder
Jugendlichen bedürfen.
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Die besten
Intelligenztests für Kinder und Jugendliche mit mehreren
"Dimensionen", d.h. unterschiedlichen Arten von Aufgaben sind
(s.o.):
- HAWIK-III
(normalbegabte und
unterdurchschnittlich
begabte Kinder und
Jugendliche)
- AID 2
(normal und überdurch-
schnittlich begabte
Kinder und Jugendliche)
- K-ABC
(Kinder bis 12 Jahren auf
allen Begabungsniveaus)
Für Kinder mit Hör- und/oder Sprech-/Sprachstörungen:
- SON-R 2 1/2 - 7
- SON-R 5 1/2 - 17
(= Snijders-Oomen-
Nonverbaler Intelligenz-
test für Kinder und
Jugendliche von 2-17) |
Beispiele:
Ausschnitt des CPM (Raven)
Ausschnitt des CFT2 (Cattell)
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Eindimensionale Intelligenztests
für Kinder und Jugendliche (u.a. SPM/APM/CPM, CFT1/CFT2) sind meist
rasch durchführbare Testverfahren, die auf einem bestimmten
Aufgabenprinzip beruhen. Ihr Vorteil liegt neben der geringen
Durchführungsdauer im häufigen Verzicht auf die Testung sprachlicher
Fähigkeiten sowie des kulturellen Wissens (Kenntnis von Sprache und
Lebensgewohnheiten einer bestimmten Gemeinschaft). Diese IQ-Tests können
also auch bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden, die in anderen
Kulturen aufwuchsen und nicht über das Wissen eines seit seiner
Geburt im deutschsprachigen Raum lebenden Kindes verfügen. Nachteil
der eindimensionalen Begabungstests ist demgegenüber ihre Beschränkung
auf nur eine Aufgabenform. Hat ein Kind grundsätzliche Probleme,
diese Art der Aufgabenstellung zu verstehen - meist müssen Reihen von
Mustern oder Figuren fortgesetzt werden - oder leidet es an bestimmten
Arten von Wahrnehmungsstörungen, so wird es in einem solchen Test
versagen, obwohl es bei anderen Intelligenztests besser abschneiden
würde. Eindimensionale IQ-Tests geben auch keine differenzierte Auskunft
über Mängel in unterschiedlichen Begabungsbereichen und lassen daher
für sich keinen Schluss auf sinnvolle Fördermaßnahmen zu.
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Gute eindimensionale
Intelligenztests für Kinder und Jugendliche:
- SPM / APM
(= Standart / Advanced
Progressive Matrices
= Matrizentest nach
J.C. Raven)
- CFT2
(= Culture Fair Intelligence
Test nach R.B. Cattell
= Grundintelligenztest
Skala 2 nach C. & Weiß)
Für SPM und APM liegen bereits seit einigen Jahren neue
Normen vor. Die CPM wurden 2002 mit neuen Vergleichsdaten
publiziert; sie messen bei gut bis sehr gut begabten Kindern jedoch nicht
sehr genau. Die alten Normen der Tests (vor 1998) überschätzen die
Intelligenz der Testpersonen. Die Normen des CFT2 wurden in den vergangen
Jahren mehrfach überprüft und gelten als zuverlässig. |
Albert Einstein
im Alter von 72 Jahren (1951) |
Mehrdimensionale
Intelligenztests für Erwachsene (u.a. HAWIE-R, MIT, LPS) entsprechen
in der Konzeption vergleichbaren Tests für Kinder und Jugendliche. Da
sich die Leistungsfähigkeit in den zwei zentralen Maßen von
Intelligenztests - Geschwindigkeit und Genauigkeit - mit dem Älterwerden
zu Gunsten einer langsameren, jedoch exakteren Bearbeitung der Aufgaben
verschiebt, erbringen Testverfahren, die ohne allzu enge Zeitbegrenzung
die Obergrenze der Leistungsfähigkeit bestimmen, ab dem Jugendalter
stabilere Ergebnisse. Manche Intelligenztests für Erwachsene wie der
Mannheimer Intelligenztest (MIT) oder das Leistungsprüfsystem (LPS)
können daher bereits ab dem späten Kindesalter angewandt werden und
verfügen über entsprechende Normen. Im Erwachsenenalter spielt die
Überprüfung der intellektuellen Begabung bei der Diagnose einer
Hyperkinetischen Störung allerdings kaum eine Rolle, da minderbegabte
Personen i.d.R. mit drängenderen Problemen befasst sind und sich - v.a.
im Fall von Hyperaktivität bei geistiger Behinderung - oft schon in
anderweitiger Betreuung und Behandlung befinden. Auch im Fall von
Erwachsenen gilt: Eine Unter- oder Überforderung führt nicht
zwangsläufig zu Unruhe, Unaufmerksamkeit und impulsivem Verhalten. Zeigen
sich im Intelligenztest Symptome einer möglichen Aufmerksamkeitsstörung,
so sind v.a. soziale Ursachen wie stressige Lebens- und Arbeitsbedingungen
oder mangelndes Training in Konzentration fordernden Aufgaben abzuklären,
bevor eine Hyperkinetische Störung diagnostiziert werden sollte.
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Mehrdimensionale
IQ-Tests für Erwachsene:
- HAWIE-R (s.o.)
- MIT (= Mannheimer
Intelligenztest - 3. Aufl.)
- LPS (= Leistungsprüfsystem
für 10-50-jährige - 2. Aufl.)
Eine Überprüfung der intellektuellen Begabung ist bei
neurologischen und/oder Verhaltens-Störungen im Erwachsenenalter immer
angezeigt. Spezifische Erkenntnisse für die Diagnose einer
Hyperkinetischen Störung lassen sich aus den Ergebnissen jedoch kaum
ableiten. Der Aspekt einer defizitorientierten Förderung ist bei
Erwachsenen nur bedingt wichtig, da die Notwendigkeit schulischen Lernens
nicht mehr in gleichem Maße wie bei Kindern und Jugendlichen gegeben ist.
Einen Grenzbereich stellen hier allerdings die nicht selten massiven
Einschränkungen v.a. von betroffenen jungen Erwachsenen in Ausbildung und
Studium dar. |
Ausschnitt des APM (Raven)
Ausschnitt des CFT3 (Cattell)
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Eindimensionale Intelligenztests
für Erwachsene (u.a. APM, CFT3) funktionieren nach dem gleichen
Prinzip wie die entsprechenden Tests für Kinder. Daher gelten für sie
die gleichen Vorzüge und Einschränkungen. Im Erwachsenenalter ist eine
orientierende Überprüfung der intellektuellen Begabung oft ausreichend,
da sie - in Verbindung mit anamnestischen Angaben (der
"Krankengeschichte") - sowohl die basale Intelligenz als auch
mögliche pathologische Veränderungen der Begabung anzudeuten vermag.
Letzteres ist wichtig, da beispielsweise ein auffälliger Unterschied
zwischen dem gemessenen IQ und der beruflichen Qualifikation auf eine
bislang unbemerkte Degeneration, d.h. einen Abbau der kognitiven
Leistungsfähigkeit hinweisen kann. Für solche Abbauprozesse gibt es eine
Vielzahl möglicher Ursachen, zu denen schwerwiegende Erkrankungen,
allerdings auch die (Spät-)Folgen von starkem Alkohol- und/oder
Nikotinkonsum sowie der Einnahme von Drogen zählen. Vergleichbar den
Ausführungen zu mehrdimensionalen IQ-Tests für Erwachsene gilt auch
hier: Unterdurchschnittliche Intelligenz bedingt für die Betroffenen
i.d.R. andere, drängendere Probleme als sie gewöhnlich durch eine
Hyperkinetische Störung entstehen.
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Eindimensionale
IQ-Tests für Erwachsene:
- APM (= Advanced
Progressive Matrices
nach J.C. Raven)
- CFT3 (= Culture Faire
Intelligence Test =
Grundintelligenztest
Skala 3 nach
R.B. Cattell & R.H. Weiß)
Die APM liegen seit 1998 in einer neuen deutschen
Normierung vor. Sie eignen sich - neben dem Intelligenz- Struktur-Test (I-S-T
2000 R)* nach R. Amthauer - auch zur differenzierten Messung der
Intelligenz bei gut bis sehr gut begabten Erwachsenen. Für den CFT3 liegt
keine aktuelle Neunormierung vor.
* Mehrdimensionales, aber
stark auf formal-logisches
Denken ausgerichtetes
Testverfahren |
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Diagnostik von
Teilleistungsstörungen
|
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Beispiele:
Ausschnitt aus dem ZLT
DEMAT 1+
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Lese-/Rechtschreib- sowie
Rechentests (u.a. ZLT, ZLVT, SLRT, HSP, DRT, WRT, DEMAT 1+, MT2, SRT)
sind letztlich eine Mischung aus Intelligenz- und Leistungstest, da sie
die Leistungsfähigkeit in einzelnen schulischen Fertigkeiten erfassen,
die auf bestimmten Aspekten der intellektuellen Begabung aufbauen. Sie
sind bei der Diagnostik einer Hyperkinetischen Störung im Kindes- und
Jugendalter von Bedeutung, da sie die Grundlage von Problemen im
schulischen Rahmen aufdecken können. Dabei geht es nicht allein um die
Feststellung einer möglicherweise komorbiden, d.h. zur Hyperkinetischen
Störung als eigenständige Störung hinzukommenden Teilleistungsstörung.
Vielmehr kann das Scheitern an schulischen Anforderungen eine Reihe von
Verhaltensweisen hervorbringen, die jenen der Hyperkinetischen Störung
ähneln: mangelnde Konzentration und Unruhe, da die Erwartung des eigenen
Versagens Kinder dazu verleiten kann, dem Unterricht überhaupt nicht mehr
zu folgen sowie soziale Kontakte und Zuwendung über alternative, meist
störende Aktivitäten zu erhalten. Obwohl eine gestörte willkürliche
Steuerung der Aufmerksamkeit wie im Fall der Hyperkinetischen Störung den
Erwerb schulischer Fertigkeiten stark behindern kann, sollte trotz
überdurchschnittlich häufigem gemeinsamem Auftreten der beiden
Störungen nicht von gleichen Ursachen oder gar einer genetisch
festgelegten Verwandtschaft ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass
Schulleistungstests ungeachtet ihrer Nutzung zur Diagnose von
Teilleistungsstörungen weniger eine grundlegende Störung messen können
als vielmehr Aufschluss über den Lernstand des Kindes geben. Dieser
hängt jedoch nicht allein vom Lernvermögen, der mit solchen Tests i.d.R.
nicht zu überprüfenden Lernfähigkeit eines Kindes ab, sondern
v.a. auch von der Qualität des Unterrichts.
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Gängige Verfahren
in der Teilleistungsdiagnostik:
- ZLT (Zürcher Lesetest)
- ZLVT (Zürcher Lese-
Verständnistest)
- SLRT (Salzburger Lese- und
Rechtschreibtest)
- HSP (Hamburger
Schreibprobe)
- DRT (Diagnostischer
Rechtschreibtest)
- WRT (Weingartner
Grundwortschatz-
Rechtschreibtest sowie
Westermann
Rechtschreibtest)
- DEMAT 1+ (Deutscher
Mathematiktest für
erste Klassen)
- MT2 (Mathematiktest
für zweite Klassen)
- S-RT (Schweizer
Rechentest)
Bei Schulleistungstests ist die Anwendung aktueller und
lokal normierter Verfahren sehr wichtig, da Schulen und Lehrpläne sich
regional stark unterscheiden.
Entscheidend für die fachgerechte Diagnose einer
Teilleistungsstörung ist nicht das absolute Ergebnis (z.B. zu den 5 % der
schlechtesten Schüler im Rechtschreiben zu zählen), sondern der Abstand
der Teilleistung zum IQ, d.h. der allgemeinen Intelligenz. |
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Überprüfung von Wahrnehmung
und Gedächtnis
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US-Ausgabe des FEW
US-Ausgabe der VOSP
Ausschnitt aus dem SIPT
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Wahrnehmungstests wie Frostigs
Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung (FEW), die Testbatterie
für visuelle Objekt- und Raumwahrnehmung (VOSP) oder der Sensory
Integration and Praxis Test (SIPT) sind Verfahren zur Erfassung von
einzelnen Aspekten der Wahrnehmung. Sie sind meist im Grenzbereich von
Entwicklungstests und neuropsychologischen Tests angesiedelt, d.h. sie
messen Fähigkeiten einerseits in Abhängigkeit vom Alter, andererseits
jedoch auch im Vergleich von Personengruppen mit verschiedenen Störungen.
Obwohl gerade im Zusammenhang mit der Hyperkinetischen Störung häufig
der Begriff der Wahrnehmungsstörung gebraucht wird, ist eine solche
Störung als eigenständige Diagnose in der ICD-10 nicht enthalten. Viele
der rasch wachsenden Zahl an Testverfahren und Therapieangeboten für
wahrnehmungsgestörte Kinder beschränken sich auf mehr oder weniger
willkürlich herausgegriffene Muster an Auffälligkeiten, deren Bedeutung
für das komplexe System der Wahrnehmungsfunktionen des Gehirns kaum zu
bestimmen und deren Therapiewürdigkeit und -notwendigkeit nicht selten
fraglich ist. Daher wird die sogenannte "ökologische
Validität", d.h. die Alltagsgültigkeit der meisten
Wahrnehmungstests für "normale" Kinder ohne nachweisbare
neurologische Störungen oder Schäden (z.B. Epilepsien oder Folgen einer
Hirnverletzung) von Experten bezweifelt. Eine grundsätzliche,
überzufällig häufige Verbindung von Hyperkinetischer und
Wahrnehmungs-Störung ist aufgrund der unterschiedlichen Funktionsebenen
der relevanten Bereiche des Gehirns nicht anzunehmen. Aus diesem Grund
haben Therapieverfahren, welche primär auf die Behandlung von
Auffälligkeiten in der Wahrnehmung abzielen (z.B. ergotherapeutische
Programme wie die Sensorische Integration nach A. Jean Ayres)
keinen Effekt auf die hyperkinetische Kernsymptomatik. Auch der
Zusammenhang von Wahrnehmungs- und Lernstörungen ist für viele Aspekte
der Wahrnehmung weitgehend ungeklärt.
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Beide weltweit
üblichen Diagnoseschemata (die ICD-10 der WHO sowie das DSM-IV der APA)
kennen keine eigenständige Diagnose einer
Wahrnehmungsstörung.
Die Reifung und Entwicklung der menschlichen
Wahrnehmung ist in hohem Maße modular und integrativ zugleich, d.h. die
Natur gewährleistet ein optimales Zusammenspiel der Sinne, sofern
diese sich normal entwickeln können, versucht bei Defiziten in einzelnen
Modalitäten jedoch einen bestmöglichen Ausgleich geschädigter
Funktionen. Daher mussten u.a. die Vorstellungen von Jean Ayres zur
Stufenentwicklung der Wahrnehmung weitgehend aufgegeben werden. Eine
"künstliche Integration" von Wahrnehmung oder die Therapie von
vermeintlichen Basisfunktionen zeigt i.d.R. deutlich weniger Erfolge als
ein gezieltes Training einzelner Fertigkeiten bei Defiziten
oder beobachteten Auffälligkeiten.
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Exkurs:
Vorbemerkung zum Thema Gedächtnis
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Gedächtnistests sollten
sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen ein fester Bestandteil der
Diagnostik zum Vorliegen einer Hyperkinetischen Störung sein. Die sehr
vielfältigen und äußerst komplizierten Funktionen des menschlichen
Gedächtnisses werden seit mehreren Jahrhunderten erforscht. Dennoch sind
die beiden zentralen Perspektiven auf das Denken und Erinnern, nämlich
die Frage nach dem Wo? (Struktur) und Wie? (Funktion)
des Gedächtnisses, bis heute nur schwer in einem einheitlichen Modell
miteinander zu verbinden. Durch sichtbare Verletzungen des Gehirns
und/oder moderne bildgebende Verfahren (v.a. Computer-Tomographie) wissen
wir zwar teilweise, wo bei normal entwickelten Menschen die Erinnerung
"sitzt". Diese Ausfälle erklären uns aber kaum, wie Erinnern
eigentlich funktioniert. Umgekehrt wurden in den letzten 100 Jahren
zahllose psychologische Experimente durchgeführt, welche die Arten (Kurz-
oder Langzeitgedächtnis) und Funktionen (Zwischenspeicher, Erinnerung,
etc.) des Gedächtnisses beschreiben halfen. Sie ergeben jedoch nur ein
Bild der Arbeitsweise des Gedächtnisses - vergleichbar der Software
auf einem Computer -, sagen allerdings nur wenig darüber aus, wo im
Gehirn die Hardware - d.h. der Computer - des Gedächtnisses sitzt
und wie die Hirnareale für das Denken und Erinnern genutzt werden. Dabei ist
das Gedächtnis für fast alle Denk- und Wahrnehmungsprozesse im
menschlichen Gehirn von größter Bedeutung: für das Sehen (z.B. von
Bewegung) genauso wie für das Verstehen von Sprache (Merken von Wörtern,
bis ein Satz Sinn ergibt); wir erinnern uns an Schulwissen, an Bilder und
Melodien und Berührungen und Bewegungsabläufe unseres Körpers; das
Gedächtnis speichert Zeichen und ihre Bedeutungen, Informationen über
Sinnesreize und die Gefühle, mit denen wir auf diese Reize reagieren.
Daher kommt dem Gedächtnis natürlich auch eine entscheidende Rolle
bei der Steuerung unseres Verhaltens zu. Die Erinnerung an einen
Unfall lässt uns möglicherweise langsamer Radfahren, das Vergessen von
Regeln und Verboten einen Fehler immer wieder machen. Mängel in der
Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses behindern das Sprachverständnis
und damit in einer durch mündliche Kommunikation gesteuerten Erziehung
die Anpassung von Kindern an ihre soziale Umwelt. Verständnislosigkeit
und Vergessen machen einsam, unsicher, hilflos, traurig, unruhig, wütend,
verzweifelt, rücksichtslos - je nach Person und Umgebung. Das Gedächtnis
ist der Schlüssel zum Menschen.
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Beispiel von Zahlenreihen |
Gedächtnistests in
Intelligenztests sind der einfachste Zugang zur Überprüfung von
Gedächtnisleistungen. So enthält der HAWIK-III als fakultativen
Zusatztest das Zahlennachsprechen, der AID 2 als Pflichtteil das Unmittelbare
Reproduzieren. Beide Subtests messen die Fähigkeit, sich Reihen von
Ziffern merken und sie wiedergeben zu können. Der K-ABC als dritter
großer Intelligenztest für Kinder verfügt mit von 5 von 16 Untertests
gleich über mehrere Aufgaben zur Prüfung von Gedächtnisleistungen zu
verschiedenen Arten von Informationen wie Bildern, Bewegungen und Zahlen.
Auch Intelligenztests für Erwachsene, die ja meist nach den gleichen
Prinzipien aufgebaut sind, enthalten vergleichbare Testaufgaben (HAWIE-R: Zahlennachsprechen;
IST 2000 R: Merkaufgaben). Letztlich setzen allerdings auch die
meisten anderen Aufgaben ein- oder mehrdimensionaler IQ-Tests ein
funktionierendes Gedächtnis voraus, sei es bei der Frage nach
Bildungswissen oder auch "nur" dem sprachlichen Verstehen der
Aufgabenanleitungen.
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Gedächtnistests im
Rahmen von IQ-Tests:
- Zahlennachsprechen
(HAWIK-III / AID 2 / K-ABC /
Erwachsene: HAWIE-R)
- WMS-III (Wechsler Memory
Scale - 3rd Edition)
Die WMS-III erfasst mehrere
Teilaspekte von versch.
Gedächtnisleistungen, die
an die Aufgaben des
Wechsler IQ-Tests für
Erwachsene angelehnt
sind.
Die Gedächtnistests in Intelligenztests sind i.d.R.
sehr einfach gehalten. Sie geben zwar einen bedeutsamen Aspekt der
Intelligenz wieder, eignen sich jedoch kaum zur Diagnose spezieller
Defizite von Gedächtnisfunktionen. |
Beispiel für einen Digit Ordering Test (DOT) |
Digit Ordering Tests (DOT)
sind neuropsychologische Testverfahren, bei welchen Ziffernreihen nicht
nur gemerkt und vorwärts/rückwärts wiedergegeben werden müssen,
sondern die Zahlen zudem in eine neue Reihenfolge gebracht werden sollen.
Der für Deutschland modifizierte Adaptive Digit Ordering Test (DOT-A/B)
nach Hoppe, Müller, Werheid, Thöne & von Cramon erlaubt die in der
Schwierigkeit ansteigende Messung dieser Fähigkeit mittels Reihen von 3
bis 8 Ziffern. Während die üblichen Gedächtnistests meist
ausschließlich die Merkfähigkeit erfassen, erfordern Ordnungsverfahren
wie der DOT-A/B die gleichzeitige Speicherung und Verarbeitung von
Informationen. Sie geben daher besser als reine Merktests die Leistung des
Arbeitsgedächtnisses wieder. Erste Studien mit diesem neuen Verfahren
(seit 2000) zeigen seine Qualität im Erkennen von Personen mit
spezifischen Auffälligkeiten im Bereich des Frontalhirns, so u.a. bei
Parkinson-Patienten und Schädigungen des Gehirns durch Verletzungen. Da
der präfrontale Cortex auch im Fall der Hyperkinetischen Störung
betroffen ist, können Gedächtnistests wie der DOT-A/B wichtige
Informationen liefern. Allerdings liegen dazu bis heute keine
einschlägigen wissenschaftlichen Daten vor. Ob also eine
Beeinträchtigung des Arbeitsgedächtnisses im Fall der Hyperkinetischen
Störung zur Symptomatik zählt oder auf anderer Grundlage vergleichbare
Symptome hervorbringt, ist bislang nicht geklärt. Zudem scheint es für
eine eindeutige Lokalisierung der Funktionen des Arbeitsgedächtnisses im
frontalen Cortex noch zu früh zu sein.
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Digit Ordering Tests
wie der DOT-A/B sind Verfahren zur gezielten Messung der
Leistungsfähigkeit des Arbeitsgedächtnisses. Dieses hat zwei
zentrale Aufgaben: die Speicherung und die Verarbeitung von
Informationen. Da Studien die - zumindest teilweise - Lokalisierung dieser
Gedächtnisfunktionen im frontalen Cortex gezeigt haben, ist eine
Verbindung von entsprechenden Gedächtnisdefiziten und Hyperkinetischer
Störung denkbar, jedoch bislang nicht schlüssig gezeigt worden.
Für den DOT-A/B liegen bislang nur vorläufige
Normen für Erwachsene vor. Gleiches gilt für den Subtest Arbeitsgedächtnis
der TAP (vgl. Beschreibung unten).
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Beispiel für die
Abfolge von Ziffern auf dem Bildschirm:
keine Reaktion
keine Reaktion
keine Reaktion
Reaktion (Taste drücken) |
Der Subtest Arbeitsgedächtnis der
Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP) ermöglicht wie
der DOT-A/B eine Messung der Gedächtnisleistung, die neben der
Speicherung eine parallele Verarbeitung der Informationen verlangt. Dazu
soll die Testperson in der schwierigsten Variante des Verfahrens immer
dann reagieren, wenn die gerade auf dem Monitor gezeigte Ziffer der
vorletzten entspricht. Obwohl diese Aufgabe vielen Testpersonen zunächst
sehr schwierig erscheint, hat die zugrunde liegende Fähigkeit im Alltag
große Bedeutung. Können wir nämlich zwei vorangegangene Wissensinhalte
nicht unabhängig voneinander im Gedächtnis behalten und mit einer
dritten Information in Verbindung bringen, folgen daraus erhebliche
Schwierigkeiten beispielsweise beim Verstehen von Sprache. Ein im
Deutschen üblicher Satz wie "Das Haus, das auf der Wiese steht, ist
grün" kann in diesem Fall nicht verstanden werden, denn die
Information über die Farbe überschreibt quasi die Information über den
Gegenstand. Trotzdem werden von solch massiven Gedächtnisstörungen
betroffene Kinder selbst in der Schule oft nicht erkannt, da sie
vielfältige Strategien entwickeln, ihr Nichtverstehen teilweise
auszugleichen (Bilder, Notizen, etc.) oder es zu überspielen (Ablenkung,
beliebige Tätigkeit o.ä.). Wahrscheinlich sind unterschiedliche
Störungen der Gedächtnisfunktionen viel häufiger als diagnostiziert,
zumal das menschliche Gehirn viele Einzelleistung mit hochdifferenzierten
Prozessen erbringt. Beschleunigen diese vielfältigen festen Prozesse im
Normalfall die Hirnfunktionen, da sie in bestimmten Gehirnarealen in immer
gleicher Weise ablaufen und daher gut geübt sind, so ist die
Überprüfung aller Teilfunktionen bei Auffälligkeiten kaum möglich.
Dennoch lohnt es sich angesichts der Symptome von Unaufmerksamkeit und
Hyperaktivität, in einfacheren Tests wie DOT oder TAP beobachteten
Defiziten in der Gedächtnisleistung nachzugehen, da mangelndes Verstehen
v.a. bei Kindern ganz natürlich Desinteresse, Ablenkung und alternative
Aktivitäten zur Folge hat.
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Der TAP-Untertest
zum Arbeitsgedächtnis ist ein brauchbares Verfahren (Normen für
Erwachsene), um Auffälligkeiten
in der parallelen Speicherung und Verarbeitung von Informationen
aufzudecken. An ihn können sich bei Anzeichen von
Störungen der Gedächtnisfunktionen andere neuropsychologische
Testverfahren anschließen.
Auf eine Diagnostik der Gedächtnisleistung im
Rahmen der Untersuchung einer Hyperkinetischen Störung sollte bei
Kindern und Jugendlichen keinesfalls verzichtet werden. Bei
Erwachsenen ist sie dann unerlässlich, wenn über Symptome mangelnder
Aufmerksamkeit und Konzentration geklagt wird. Wichtig ist - vergleichbar
kognitiven Einschränkungen bei Teilleistungsstörungen -, dass das
Ergebnis eines Gedächtnistests im Verhältnis zu anderen geistigen
Leistungsmaßen (z.B. dem Prozentrang in einem Intelligenztest)
gesehen wird.
Das gezielte Training von Gedächtnisfunktionen ist auch
im Erwachsenenalter eine sinnvolle therapeutische Maßnahme, sowohl zur
Wiederherstellung verlorener Leistungsfähigkeit als auch zum Erhalt
kognitiver Funktionen. |
Beispiel für ein nur teilweise enthülltes Bild (hier:
Sonne mit Gesicht)
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Fragmentierter Bildertest (FBT): Der
FBT ist ein neueres Testverfahren, das sowohl Wahrnehmungs- als auch
Gedächtnisleistungen erfasst. Es funktioniert im Prinzip wie das Spiel
"Dalli-Klick" der populären Fernsehshow "Dalli
Dalli", die Hans Rosenthal in den Siebziger Jahren moderierte:
Darstellungen werden nach und nach enthüllt; Aufgabe ist es, möglichst frühzeitig
- mit nur wenigen Informationen - den zeichnerisch in seinen
Konturen abgebildeten Gegenstand zu benennen. Durch eine Wiederholung der
Bilderreihe können in einem zweiten Durchgang Lerneffekte festgestellt
werden, die Rückschlüsse auf Gedächtnisfunktionen zulassen.
Vergleichbar dem Digit Ordering Test (DOT, s.o.) trennt der FBT
zwischen gesunden Testpersonen und solchen mit neuropathologischen
Auffälligkeiten (hier: Epilepsie, Demenz oder diffuse, in Ausmaß und
Ursache nicht eindeutig abgrenzbare Schädigungen des Gehirns). Eine
spezielle Normierung für Menschen, die an einer Hyperkinetischen Störung
leiden, gibt es bislang nicht. Allerdings umfassen die Normwerte des
Verfahrens Daten für Kinder ab 10 Jahren sowie für Erwachsene bis über
70 Jahre.
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Testverfahren wie FBT
oder DOT sind praktische, nicht auf Computer gestützte Tests zur
Überprüfung von Aspekten der Gedächtnisleistung. Problematisch sind sie
v.a. aufgrund unzureichender Normierung bzw. Daten zur Abgrenzung
von einzelnen Störungsbildern. Für Kinder existieren nicht selten
überhaupt keine Normen. Dennoch sind Verfahren zur Überprüfung der
Leistungen des Arbeitsgedächtnisses einfachen Merkfähigkeitstests ohne
eine Komponente der Informationsverarbeitung vorzuziehen, da die Merkfähigkeit
nur eine Seite der Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses aufzeigt. |
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Überprüfung der motorischen
Leistungen
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Abbildung einer Aufgabe aus der LOS KF 18 |
Lincoln-Oseretzky-Skala -
Kurzform (LOS KF 18): Die Lincoln-Oseretzky-Skala gehört zu den
Klassikern unter den Motoriktests, ist allerdings bereits etwas älter (2.
Aufl. der Kurzform: 1974) und daher hinsichtlich ihrer Normierung heute
kritisch zu betrachten. Dennoch bietet die Kurzform mit ihren 18 Aufgaben
ein soliden Überblick über die motorischen Leistungen von Kindern
zwischen 5 und 13 Jahren. Die Ergebnisse einer Testung mit der LOS KF 18
können Ausgangspunkt einer weiterführenden Diagnostik sein, aber auch
Grundlage einer gezielten motorischen Förderung bei Defiziten. Da
heutzutage viele Kinder aufgrund des veränderten Spielverhaltens unter
Bewegungsmangel leiden, sollten beobachtete motorische Defizite zunächst
weniger als Störung verstanden werden, sondern vielmehr als Mangel an
motorischer Übung bei ansonsten normaler Entwicklung. Abgesehen von der
durch die erhöhte Impulsivität hyperaktiver Kinder bedingten
Schwierigkeit, insbesondere komplexe motorische Prozesse richtig
auszuführen, ist trotz des Vorliegens einer Hyperkinetischen Störung
nicht automatisch von motorischen Beeinträchtigungen auszugehen.
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Die Testung der
Motorik ist ein aufwendiges Unterfangen. Vorgänge der Reifung und
Entwicklung greifen hier stark ineinander. Damit stellt die Natur
sicher, dass komplexe Bewegungsmuster, die für das (Über-)Leben eines
Menschen wichtig sind (z.B. Gehen) weitgehend auch dann zur Verfügung
stehen, wenn in der Entwicklung die Übung zu kurz kommt. Allerdings hat
das Training von Bewegung einen großen Einfluss auf die Optimierung
von Bewegungsabläufen. Es ist daher sehr schwer, die Resultate bei
Motoriktests auf spezifische Ursachen in der Entwicklung zurückzuführen.
Die Diagnose von Störungen der Motorik sollte daher Experten vorbehalten
sein, d.h. entsprechend erfahrenen Neuropsychologen und/oder Fachärzten. |
Abbildung aus dem MOT 4-6 |
Motoriktest für vier- bis
sechsjährige Kinder (MOT 4--6): Der MOT 4-6 ist ein der LOS KF 18
vergleichbarer Test zur Erfassung motorischer Fertigkeiten von Kindern im
Alter von 4 bis 6 Jahren. Die Normdaten der zweiten Auflage von 1987 sind
aktueller als die der LOS KF 18. Auch für dieses Testverfahren gilt:
Abweichungen von den Normen können allenfalls als diskrete Hinweise auf
Entwicklungsstörungen o.ä. verstanden werden. Die Diagnose einer
Störung der Motorik, wie sie z.B. bei einer Zerebralparese (u.a.
spastische Lähmungen, Muskeltonusstörungen, etc.) vorliegt, bedarf einer
umfangreicheren und detaillierteren fachärztlichen und
neuropsychologischen Diagnostik.
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Der MOT 4-6
deckt als Motoriktest den Altersbereich unterhalb der LOS KF 18 ab. Für
ihn gelten die gleichen Qualitäten, aber auch Einschränkungen wie für
die LOS KF 18. Die Aufgaben des MOT 4-6 sind allerdings kindgerechter.
Bei geistig Behinderten ist eine Testung bis zum Alter von 8 Jahren
möglich. |
Titelbild des Buches von Barbara Cardenas |
Diagnostik mit Pfiffigunde ist
ein einfaches und - im Gegensatz zu den oben beschriebenen Verfahren -
sehr billiges Testverfahren zur Erfassung einzelner motorischer
Fertigkeiten (Schreibmotorik), visueller Wahrnehmungsprobleme und der
Händigkeit. Das seit 2000 in 7. Auflage lieferbare Buch enthält die
nötigen Kopiervorlagen und bedarf keiner zusätzlichen testspezifischen Materialien und
Protokollbögen. Allerdings verfügt die Diagnostik mit Pfiffigunde
nicht über brauchbaren Normen und ist daher selbst zur tendenziellen
Diagnose von Störungen der Motorik nicht geeignet. Bei entsprechenden Auffälligkeiten
ist die Testung mit standardisierten Verfahren zwingend notwendig, um eine
sichere diagnostische Grundlage zu schaffen.
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Die Diagnostik mit
Pfiffigunde ist ein kindgerechtes Verfahren zur Beurteilung der für die
Kulturtechniken des Lesens und Schreibens nötigen Basisfertigkeiten.
Es eignet sich auch als Lektüre für interessierte Eltern. |
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Textanfang |
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