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Eines Tages weitete ich meine
Aktivitäten auf den Garten vor dem Haus aus, wo ich um den Ahorn herum
einen Wassergraben aushob, den ich mit den preisgekrönten Kampffischen
meines Bruders sowie mit einigen soeben eingetroffenen
Schnappschildkröten besetzte. Binnen einer Stunde war der Graben
ausgetrocknet, die Fische tot, die Schildkröten verschwunden und der
Rasen vor dem Haus ruiniert. Als mein Bruder Joey dahinterkam, versuchte
er sich zum Einzelkind zu machen, indem er mich Kopf voran in einen
Schlafsack steckte, meine Knöchel mit der oberen Kordel festband und mich
an den Füßen kitzelte, bis ich ohnmächtig wurde. Sobald ich wieder zu
mir kam, holte ich zum Vergeltungsschlag aus und ließ alle meine
Mehlwürmer in seinem Bett frei. Um mir das heimzuzahlen, schaffte er
sämtliche Mehlwürmer, deren er habhaft werden konnte, ins Bett unserer
Eltern, denn er wusste, dass sie nicht ihm, sondern mir die Hölle heiß
machen würden.
Mom und Dad waren davon natürlich nicht eben begeistert. Als das
Geschrei losging, saß ich im Baum vor unserem Haus. Ich hatte die Taschen
voller Steine, eine meiner Schlangen in der Hand und wartete auf einen Bus
voller nichtsahnender Touristen, als ich plötzlich Glas splittern hörte
und im Umdrehen gerade noch den Küchemixer durch ein Fenster fliegen sah.
»Dieser Rotzlöffel!«, hörte ich meinen Vater schreien. »Wo zum
Teufel steckt er? Ich bring ihn um, ich reiß ihn in Stücke!« Er meinte
mich, da war ich sicher. [Fortsetzung s.u.]
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Die Zitate auf dieser Seite stammen aus:
Danny Sugerman
Wonderland Avenue
Maro Verlag (1991)
hier: S.21f.
Die Bilder auf dieser Seite sind nicht dem Buch
entnommen stellen keine Personen des Buches dar. |
Woran erkennt man die Hyperkinetische Störung?
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»Lass ihn in Ruhe«, hörte ich meine Mutter sagen.
»Er ist doch nur ein Kind.«
»Ein Kind bringt das nicht fertig«, tobte mein
Vater, als er an der Hintertür auftauchte und einen Mülleimer voller
Kaulquappen umtrat. »Ein Kind schafft das nicht!« sagte er und deutete
auf den Garten hinter dem Haus, in dem lauter Schildkröten herumkrochen.
»Sogar einem gottverdammten Collegeprofessor würde es schwerfallen,
sowas anzurichten. Scheiße, das ist kein Haus mehr, das ist ein Zoo. Ich
sag's, wie's ist, Harriet. Du musst mit nem anderen geschlafen haben - der
Junge hat kein Blut von mir in den Adern. Sag mir doch bitte, dass er
nicht von mir ist. Ich zahle dir auch was dafür, wenn du mir sagst, dass
ich nicht der Vater bin...« Das waren wirklich seine Worte - er bot ihr
Geld an. [...]
Der Zorn meines Vaters tat mir weh, wenn er mich auch
nicht überraschte. Ich wusste, dass mein Vater mich liebte, dennoch
konnte er einem leicht Angst einjagen. Er war ein großer beeindruckender
Mann, sowohl seiner Statur als auch seiner Persönlichkeit nach. Er hatte
großen Sinn für Humor, andererseits war mit ihm nicht gut Kirschen
essen. Wenn er lachte, schien die Sonne im Zimmer. Aber wenn er schrie,
ballten sich Gewitterwolken zusammen. Manchmal brüllte er so laut und
verängstigte mich so sehr, dass ich mir wünschte, er hätte einfach
ausgeholt und mir eine runtergehauen.
Wonderland Av. S.22 |
Nicht weniger als über
die Ursachen der Hyperkinetischen Störung ist
in den letzten Jahren über die Symptome der Störung gestritten worden.
Hauptvorwurf der Kritiker ist - bestreiten diese nun die Bedeutung der
Symptome oder die Existenz der Hyperkinetischen Störung überhaupt
-, dass bestimmte (meist kindliche) Verhaltensweisen als
"krankhaft" angesehen würden, die doch ein Teil des
alltäglichen Verhaltens eines jeden Menschen seien. Sind wir nicht alle
von Zeit zu Zeit impulsiv, unruhig
und unaufmerksam? Und was bedeuten diese
Symptome in einer Welt, die sich immer rascher verändert, in der auf
spontane Entscheidungen, berufliche und sportliche Aktivität (oft bis zur
Erschöpfung) sowie multimediale Ablenkung soviel Wert gelegt wird? Entwicklungspsychopathologie
- einige kurze Absätze zur Perspektive auf psychische Erkrankungen
im Kindes- und Jugendalter
Bis vor einigen Jahren gab es in Psychologie und Medizin klar getrennte
Fächer. Die Psychologen kannten zum einen die Klinische Psychologie, zum
andern die Entwicklungspsychologie. Die Mediziner kennen eine
detaillierte Aufgliederung in einzelne Facharztbereiche, deren einer die Kinder-
und Jugendpsychiatrie ist - erst später ergänzt um den Zusatz Psychotherapie.
Die Entwicklungspsychopathologie ist noch immer kein
eigenständiger Fachbereich, weder bei den Psychologen noch bei den
Ärzten. Dabei ist ihre Perspektive auf Entwicklung und Verhalten von
Kindern und Jugendlichen der wichtigste Aspekt der Kinder- und
Jugendpsychologie und -psychiatrie überhaupt! Klinisch war die
Psychologie nicht von Anfang an. Sie war zunächst vielmehr eine
Überschreitung der Philosophie hin zur Naturwissenschaft. Erst im 20.
Jahrhundert begann der Aufstieg der stark wissenschaftlich geprägten
Psychologie zum Inbegriff des psychotherapeutischen Fachs, d.h. der
nichtmedizinischen Auseinandersetzung mit psychischen Krankheiten. Die
moderne Entwicklungspsychologie, so wie sie heute verstanden wird, nahm
ihren Ausgang demgegenüber bei den umfangreichen Forschungen eines
einzigen Mannes: des schweizer Naturwissenschaftlers Jean Piaget,
der v.a. für sein Stufenmodell der kognitiven Entwicklung weltberühmt
wurde. Seine zahllosen Studien zur geistigen Entwicklung von Kindern sowie
die Beobachtung an den beiden eigenen Töchtern und seinem Sohn sind in
die Annalen der Psychologie eingegangen.
Auch in der Medizin ist die Auseinandersetzung mit den Krankheiten des
Geistes und der Seele eine recht junge Disziplin. Und das, obwohl die
akademische Medizin des Mittelalters bereits einmal so nahe an der
Philosophie war wie später die entstehende Psychologie. Die Psychiatrie,
wie wir sie heute nach vielen Reformen noch immer begreifen, ist eine
Schöpfung des 18. Jahrhunderts. Moderne Krankenhäuser für geistig und
seelisch leidende Menschen, die in weiten Teilen unseren heutigen Bezirks-
oder Landeskrankenhäusern entsprachen, entstanden erstmals im 19.
Jahrhundert. Um 1900 nahm schließlich das besondere Bemühen um
psychisch kranke Kinder- und Jugendliche seinen Anfang. Viele der
medizinischen Ansätze waren jedoch zunächst Übertragungen der
Erkenntnisse und Behandlungsformen der Erwachsenenpsychiatrie auf Kinder.
Obgleich die Medizin v.a. nach dem 2. Weltkrieg mehr und mehr
psychologische Felder besetzte, hat sich an dieser statischen Sicht auf
den "kleinen Menschen" jenseits der wissenschaftlichen
Diskussionen bis heute wenig geändert.
Störend - gestört
- Gestörte
Keines der Symptome der Hyperkinetischen Störung begründet für sich
und ungeachtet der Entwicklung des Menschen die entsprechende Diagnose.
Auch wenn wir nicht von einer Verursachung der
Störung durch die Umwelt ausgehen, so ist doch ihr Verständnis
entscheidend für die Beantwortung der Frage, wo die Normalität aufhört
und die als Krankheit erfasste Abweichung des Verhaltens beginnt.
Tatsächlich fällt es unter diesem Aspekt heute schwerer und leichter
zugleich, die Diagnose einer Hyperkinetischen Störung zu stellen.
Schwerer, weil der Bezugsrahmen des Verhaltens, an dem wir die
Verhaltensstörung festmachen können, mit der Vielfalt der anerkannten
Lebensstile in unserer Gesellschaft offen und uneinheitlich geworden ist.
Leichter jedoch, da mit der zunehmenden Auflösung zwingender Maßregeln
des Verhaltens die Notwendigkeit einer persönliche Verhaltenskontrolle
immer mehr Menschen erfasst hat - inzwischen auch die Kinder. Die Diagnose
der Hyperkinetischen Störung ist daher weniger eine Frage der absoluten
Häufigkeit und Intensität der Symptome, sondern eine Folge der
eingestandenen individuellen Überforderung der Umwelt oder auch des Betroffenen selbst
mit dem unkontrollierten eigenen Verhalten.
Stören verlangt neben dem Störer jemanden oder eine
Sache, die gestört werden kann. Gestört zu sein ist das Urteil,
das die Umwelt über einen Menschen fällt, das der Gestörte sich
jedoch auch als (s)ein Selbstbild zu eigen machen kann. Gestört ist
allerdings auch die Umwelt selbst, - gestört durch das Verhalten eines
Mitmenschen, das die Gemeinschaft belastet. So sehr, wie der einzelne in
seinem Leid einen moralischen Anspruch auf die Hilfe der Gemeinschaft hat,
so sehr hat auch die Gemeinschaft Anspruch auf ein Verhalten ihrer
Mitglieder, das sie nicht über Gebühr belastet und schlimmstenfalls zerstört.
Wenn wir über die behandlungsbedürftige Symptomatik der Hyperkinetischen
Störung sprechen, dann sprechen wir nicht von einer Krankheit, die zu
heilen ist. Wir sprechen vielmehr von einem Verhalten, das es einem
bestimmten Menschen in seiner Umwelt nicht erlaubt, glücklich zu sein -
und die Umwelt leidet mit.
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Die Symptomgruppen des Syndroms
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Die Hyperkinetische Störung umfasst
drei Gruppen an Symptomen: die Impulsivität,
die Hyperaktivität und die Aufmerksamkeitsstörung.
Nach dem v.a. in den USA gebräuchlichen Diagnosemanual DSM-IV
ist die Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung
auch beim Vorliegen von Symptomen aus nur 2 der 3 Gruppen an Symptomen
möglich. Demgegenüber verlangen die Kriterien des u.a. in Deutschland
verpflichtenden Diagnoseschemas ICD-10 der WHO
(Weltgesundheitsorganisation) das Vorliegen von Symptomen aus allen drei
Gruppen, um eine Hyperkinetische Störung festzustellen. Die WHO
geht dabei nicht von einer Leitsymptomatik der gestörten Aufmerksamkeit
aus, sondern stellt traditionell die Hyperaktivität in den Mittelpunkt.
Durch den amerikanischen Neuropsychiater Russell A.
Barkley wurden zudem mehrere Felder kognitiver Einschränkungen
beschrieben, welche für die von ihm so genannte Störung der
Verhaltenshemmung typisch seien.
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Impulsivität
Aus aktueller klinischer Perspektive muss die Impulsivität als die
Kern- oder Leitsymptomatik der Hyperkinetischen Störung angesehen werden.
Eine solche Sichtweise verbindet die Beobachtungen der klinischen Praxis
mit den modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Hirnstoffwechsel und
den beteiligten Hirnarealen (vgl. Ursachen der
Hyperkinetischen Störung). Im Vordergrund steht dabei eine insbesondere durch
Abweichungen im Dopamin-Stoffwechsel verursachte dysfunktionale
Hirnaktivität, welche die Anpassung des Verhaltens an bestimmte
Anforderungen behindert. In diesem Sinne kann die mangelnde
Impulskontrolle zudem als mittelbare Ursache von Hyperaktivität und
Aufmerksamkeitsstörung gesehen werden, denn sie erschwert auch die
willentliche Kontrolle motorischer Funktionen sowie die Steuerung der
Aufmerksamkeit.
Unter Impulsivität versteht man ein Muster an Verhaltensweisen, die
durch rasche und unbedachte Reaktionen auf innere oder äußere Reize
gekennzeichnet sind. Wenngleich auch die inneren, d.h. durch die Natur des
Menschen bedingten Impulse selbst Zeichen einer Krankheit oder Störung
sein können (z.B. bei Tic-Störungen wie dem
Tourette-Syndrom), geht es im Fall der Hyperkinetischen Störung nicht um
die Herkunft der Impulse, sondern um ihre ungenügende Kontrolle. Einzelne
Symptome dieser Symptomgruppe sind Ungeduld, geringe
Frustrationstoleranz, spontanes und zugleich rücksichtsloses
Verhalten sowie ein andauerndes nicht-willentliches Überschreiten
von Regeln und Grenzen. Während davon auszugehen ist, dass
hyperkinetische Menschen nicht mehr als andere zahllosen äußeren sozialen
Reizen und inneren spontanen Impulsen ausgesetzt sind, haben
sie im Vergleich zu Nichthyperkinetikern doch erheblich mehr
Mühe, Reize und Impulse der jeweiligen Situation angemessen wahrzunehmen,
zu ordnen, zu bewerten und darauf zu reagieren.
Der bekannte amerikanische Neuropsychiater und Experte für die
Hyperkinetische Störung Russel A. Barkley schlägt daher in seinem 1997
erschienenen Buch ADHD and the Nature of Self- Control (New
York: Guilford Press) einen anderen Namen für
die Störung vor: Behavior Inhibition Disorder - Verhaltenskontrollstörung.
In seinem neuropsychologischen Konzept der Hyperkinetischen Störung
bildet das Defizit in der Verhaltenskontrolle mit verwandten
Hirnfunktionen eine symptomatische, in den systematisch verbundenen
Symptomen aber auch ursächliche Einheit an physischen, psychischen und
sozialen Auffälligkeiten. Dazu zählt u.a. die Beeinträchtigung des Arbeitsgedächtnisses
(auch Gedächtnisfunktionen müssen aktiv gesteuert werden) sowie der bewussten
Handlungsplanung
und -steuerung, die eingeschränkte Selbstregulation von Stimmung,
Motivation und Erregung (spontan und reaktiv) sowie die reduzierte Rekonstitutionsfähigkeit,
d.h. verminderte Fähigkeit zur Analyse und Neuordnung
vielschichtiger Strukturen und Abläufe. Studien, welche die Lebensläufe
hyperkinetischer Kinder und Jugendlicher bis ins Erwachsenenalter
verfolgten, zeigen, dass vor allem die Störung der Impulskontrolle
einen negativen Einfluss auf die soziale Entwicklung der Betroffenen hat,
während Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität alleine keine
systematisch nachweisbare soziale Beeinträchtigung bedingen.
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Ich war jetzt der Außenseiter in der eigenen
Familie. Ich stand den anderen nur noch im Weg. Und ich hätte daran
nichts mehr ändern können, selbst wenn man mich darum gebeten hätte. In
meinem Kopf hatte sich die Vorstellung festgesetzt, dass ich anders und
unerwünscht war, und das glaubte ich auch. Clarence sollte mich ruhig
physisch und psychisch schikanieren, meinem Anderssein konnte er nichts
anhaben. Mit jeder Möglichkeit zum Trotz, die er mir bot, bestärkte er
es nur noch. Dieses Verhalten hat einen Namen, man nennt es Stolz. Ich
ging auf Distanz, um Schmerz zu vermeiden, gleichgültig zu werden und am
Leben zu bleiben. Ich hielt mich nicht für besser oder schlechter, nur
für anders und grundverschieden.
Wonderland Av. S.30
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Hyperaktivität
Das Symptom der Hyperaktivität
bzw. - bezogen auf die motorische Aktivität - der Hyperkinesie
war lange Zeit zentral in der Betrachtung und Diagnose der
Hyperkinetischen Störung. Es verlieh ihr auch den Namen, den die Störung
im ICD-10 noch immer
trägt, und ist Teil des Störungsbegriffs auch im DSM-IV.
Tatsächlich kommt der exzessiven Unruhe der Betroffenen insofern
eine diagnostische Bedeutung zu, als sie nicht - wie früher einmal
angenommen - mittelbare Folge einer Selbstaktivierung und
Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit ist, sondern auch in
"Ruhephasen" wie dem Schlaf beobachtet werden kann.
Hyperaktivität meint aber nicht nur die motorische Aktivität, sondern
schließt ein subjektives Unruhegefühl und Getriebensein,
die beständige Suche nach Beschäftigung und häufige Unfähigkeit
zur Entspannung mit ein.
Im Begriff der Hyperaktivität ist das eingeschlossen, was viele
Kritiker der Hyperkinetischen Störung, letztlich aber der meisten
psychiatrisch diagnostizierten Störungen den Ärzten und Psychologen
vorwerfen: dass die sogenannten "psychischen Krankheiten" nur
eine Variante, sozusagen eine Vergrößerung des Alltäglichen seien; dass
zwischen "Normalität" und "Störung" allenfalls eine
willkürlich gezogene Grenze verlaufe, die einem im Grunde alltäglichen
Verhalten den Stempel der Andersartigkeit und Krankheit aufdrücke. Hyper-Aktiv
heißt übersetzt: Über-Aktiv, aktiver im Vergleich mit anderen Menschen.
Eine solche Vergleichsgruppe von - bezogen auf die Aktivität -
unauffälligen Menschen sollte stets aus Personen zusammengesetzt sein,
die von vergleichbarer physischer Reife und Entwicklungsstand sind.
Weitaus aktiver als seine Mitmenschen zu sein bedeutet nämlich bei einem
Kleinkind etwas anderes als bei einem Schulkind, bei einem Jugendlichen
etwas anderes als bei einem Erwachsenen. Hyperaktiv im Sinne der
Diagnose einer Hyperkinetischen Störung ist dabei ein Aktivitätsniveau,
welches die Aktivität von Gleichaltrigen in einem Maße übersteigt, so
dass nur ein geringer Prozentsatz an Menschen dieses Alters unter
ähnlichen sozialen Bedingungen genauso aktiv ist.
Die Erfassung extremer Aktivität sollte nach Möglichkeit mit einem standardisierten
Messverfahren erfolgen, dem die Antworten vieler Betroffener
(Selbsteinschätzung) sowie von unterschiedlichen Personen aus deren Umwelt (Fremdeinschätzung)
zugrunde liegen - bei enger Eingrenzung des Altersbereichs einerseits und
genauen Rahmenbedingungen der Verhaltensbeobachtung andererseits. Die subjektive
Einschätzung der Umwelt, dass die Aktivität eines Kindes das Niveau
in seiner Familie oder Schulklasse übersteigt, ist allein kein
zuverlässiges Diagnosekriterium. Für die Therapie der Hyperkinetischen
Störung sowie v.a. ihrer sozialen Folgen ist es allerdings durchaus
wichtig, auf den individuellen Leidensdruck von Betroffenen und/oder
Menschen in ihrer Umwelt einzugehen.
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Ich erzähle ihm, was ich wusste. Man hatte gesagt,
dass ich hyperaktiv sei; ich hatte viel Ärger in der Schule. Meine Lehrer
sagten, meine Eltern müssten etwas dagegen unternehmen. Mom hatte heute
einen Termin in der Schule, um zu besprechen, was mit mir geschehen
sollte. Ein Arzt hatte ein Medikament namens Ritalin vorgeschlagen, das
eigentlich ein Aufputschmittel war, auf hyperaktive Kinder aber aus
bestimmten Gründen eine beruhigende Wirkung hatte. [...]
Morrison hörte zu und wurde wütend. »Das ist doch
Scheiße! Jetzt hör mir mal gut zu. Lass das nicht mit dir machen. Nur
weil du nicht in ihr System passt und ihre Erwartungen enttäuschst,
wollen sie dich innerlich zerbrechen und so verbiegen, dass du da
reinpasst. Das ist Scheiße. Lass dich nicht an die Leine legen. Du hast
einfach Glück, viel Energie zu haben. Lass nicht zu, dass sie das mit
diesen Scheißpillen abtöten. Sei einfach du selbst. Mein Gott«, sagte
er zu dem Mädchen, »das darf doch nicht wahr sein!«
Wonderland Av. S.68f. |
Aufmerksamkeitsstörung
Unter den drei Symptomgruppen der Hyperkinetischen Störung sind die
Symptome der Aufmerksamkeitsstörung
die unspezifischsten. Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit werden bei
einer Vielzahl psychischer, aber auch körperlicher Krankheiten beobachtet.
Zudem umfasst der Begriff der Aufmerksamkeit verschiedene Aspekte, die von
Konzentration (Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit) über Wahrnehmung
und Informationsselektion bis hin zur komplexen Informationsverarbeitung
(Aufmerksamkeit als Prozess, als Umgang des Gehirns mit Informationen)
reichen. Die unterschiedlichen Bereiche der Psychologie und Medizin haben
daher abweichende Begriffe von Aufmerksamkeit und Aufmerksamkeitsstörung
etabliert. Die im Fall der Hyperkinetischen Störung betroffenen Aspekte
der Aufmerksamkeit sind bislang vergleichsweise schlecht untersucht.
Testverfahren mit brauchbaren Normen, die präzise zwischen an einer
Hyperkinetischen Störung leidenden und nicht-hyperkinetischen Menschen
unterscheiden, gibt es jenseits einzelner Verfahren aus dem Bereich der
klinischen Forschung nicht. Daher halten viele Fachleute auch über
zwanzig Jahre nach Einführung des Begriffs der
Aufmerksamkeitsdefizitstörung im DSM-III die in diesem Namen implizierte
Grundstörung der Aufmerksamkeit für zweifelhaft - zumindest jedoch für
so ungenau und schwer fassbar, dass auf die Aufmerksamkeitsstörung allein
die Diagnose einer Hyperkinetischen Störung nicht gegründet werden
sollte.
Zählt man die Liste der Symptome durch, die zur Symptomgruppe der
Aufmerksamkeitsstörung gehören, so bemerkt man, dass sie unter den drei
Symptomgruppen sowohl in der ICD-10
als auch im DSM-IV
die umfangreichste Gruppe ist. Beide Diagnosemanuale enthalten neun
Kriterien für eine Störung der Aufmerksamkeit: Nachlässigkeit bzw.
Flüchtigkeitsfehler bei Alltagsaufgaben, geringe Ausdauer, Abschweifen
der Gedanken, zahlreiche angefangene und nicht abgeschlossene Arbeiten,
Unfähigkeit zur sinnvollen Organisation von Aktivitäten und
Arbeitsabläufen, Abneigung gegen anhaltende ungeliebte Anforderungen,
hohe Ablenkbarkeit, Unachtsamkeit und Vergesslichkeit. Die Beschreibung
der Symptome ist in den Manualen noch immer stark auf betroffene Kinder
ausgerichtet, obwohl das Andauern der in ihren Ursachen nicht heilbaren
Hyperkinetischen Störung im Jugend- und Erwachsenenalter unter Fachleuten
heute nicht mehr bestritten wird. Allerdings können Erwachsene weitaus
besser als Kinder und Jugendliche ihr Lebensumfeld gestalten und damit
Umweltbedingungen (wie z.B. Schule) ausweichen, deren Reize wie
Ablenkungen für Hyperkinetiker nicht günstig sind.
Die Störung der Aufmerksamkeit ist unter den drei Symptomgruppen die
unauffälligste, sozial am wenigsten nachteilige Beeinträchtigung.
Nichtsdestotrotz ist v.a. für die Bildungs- und Berufskarriere von
großer Bedeutung. Eine eingeschränkte Fähigkeit zur
Fokussierung, d.h. zur Bündelung der Aufmerksamkeit auf einen bestimmten
Gegenstand behindert das Lernen insbesondere dann, wenn die
Anforderungen wenig motivatorische Qualität haben. Eltern
hyperkinetischer Kinder wissen, um wieviel schwerer es ist, den Nachwuchs
für die Schule statt beispielsweise Computerspiele zu begeistern, obwohl
auch manches Spiel mit einem umfangreichen Handbuch ausgeliefert wird und
viel konzentriertes und mühseliges Training verlangt. Entsprechend der
basalen Störung einer eingeschränkten Impulskontrolle liegen die
Aufmerksamkeitsdefizite weniger in einem grundsätzlichen Mangel an
Aufmerksamkeit begründet als vielmehr in der Unfähigkeit, die Aufmerksamkeit
willkürlich zu steuern. Obschon nicht eindeutig zu sagen ist,
inwieweit Aufmerksamkeit als ein Teil der intellektuellen Begabung zu
sehen ist, ist der Effekt einer Aufmerksamkeitsstörung größer, wenn die
Begabung geringer ist, da in diesem Fall ein höheres Maß an
Konzentration notwendig ist, um die gleiche Menge an Wissen aufzunehmen.
Da hyperaktive Kinder sich in Untersuchungen tendenziell besser begabt zeigten
als nur aufmerksamkeitsgestörte Kinder, stellt sich die Frage, ob die
isolierte Aufmerksamkeitsstörung tatsächlich die gleichen Ursachen wie
die Hyperkinetische Störung hat oder aber Hyperaktive das gleiche
Aufmerksamkeitsdefizit schlicht besser auszugleichen wissen.
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In der Schule frustrierte mich meine Unfähigkeit zur
Anpassung immer mehr. Es hörte sich so leicht an. Ich sah mich um - die
anderen Jugendlichen hatten damit überhaupt keine Probleme. »Du gibst
dir keine Mühe«, sagten sie mir, dabei war es in Wirklichkeit leider so,
dass ich gar nicht wusste, was ich tun sollte. Aber ich gab ihnen recht,
was sie überraschte. [...]
Besser leben durch Chemie, das war damals die Devise.
Ich muss zugeben, ich war ganz schön beeindruckt. Eine kleine Pille, und
fast über Nacht änderte sich so vieles. Meine Noten wurden in allen
Fächern besser (einschließlich Mitarbeit und Verhalten). [...]
Alles war in schönster Ordnung. Zum ersten Mal in
meinem Leben erledigte ich regelmäßig meine Hausaufgaben. Die Schule
fiel mir leichter. Die Doors erlaubten mir, ihnen bei den Proben
zuzuhören, was jedesmal der Höhepunkt meiner Woche war. Wenn sie nicht
arbeiteten oder Auftritte außerhalb der Stadt hatten, ging ich zu Evan.
Mit Hilfe von Ritalin konnte ich die schulischen und außerschulischen
Aktivitäten ohne Probleme unter einen Hut bringen. Alles entwickelte sich
so gut, dass es fast zu schön war, um wahr zu sein.
Wonderland Av. S.93f. |
Kognitive
Auffälligkeiten nach Barkley
Neben den in den gebräuchlichen Diagnosemanualen aufgeführten
"klassischen" Symptomgruppen der Impulsivität,
Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung hat der
amerikanische Neuropsychiater Russel A. Barkley zentrale Bereiche kognitiver
Beeinträchtigungen beschrieben, in welchen
die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts- Störung zu Auffälligkeiten führe.
Da Barkley
die Symptomatik in ihrer Einheit auf eine Störung der Exekutiven
Funktionen im präfrontalen Cortex zurückführt, hat er für die
beiden Begriffe Hyperkinetische Störung und Aufmerksamkeitsdefizit-
/ Hyperaktivitätsstörung den Namen Behavior Inhibition
Disorder = Verhaltenshemmungsstörung vorgeschlagen.
Entscheidend ist demnach die Schwierigkeit der von der Störung
betroffenen Menschen, ihr Verhalten abgestimmt auf die Reize und
Anforderungen der Umwelt
zu regulieren. Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsdefizite sind in diesem
Konzept weniger die Zeichen einer Störung, welche diese als Kernsymptome
unmittelbar hervorbringt, sondern vielmehr eine mittelbare Folge der eigentlichen
Beeinträchtigung: einer ungenügenden Kontrolle der Impulse.
Barkley nennt vier Bereiche, in denen die ungenügende Hemmung von
Impulsen betroffenen Menschen im Alltag kognitive, durch die unangemessene
zentrale Steuerung des Gehirns bedingte Probleme bereite: das
eingeschränkte Arbeitsgedächtnis, die ungenügende Fähigkeit zur
Selbstinstruktion, eine unzureichende emotionale
Selbstregulation sowie die mangelnde Rekonstitutionsfähigkeit,
d.h. Fähigkeit zur Analyse von Formen und Prozessen und die erneute
Verbindung der Einzelteile bzw. Arbeitsschritte. So abstrakt und für den
Alltag unbedeutend diese Leistungen des präfrontalen Cortex zunächst
erscheinen mögen - für ein auf die Umwelt abgestimmtes Verhalten sind
sie sehr wichtig. Das Arbeitsgedächtnis merkt sich für kurze Zeit
Inhalte, die für aktuelle Vorgänge entscheiden sind; ist es
beeinträchtigt, sind wir vergesslich, handeln häufig ziellos und ohne
gutes Zeitgefühl. Die Fähigkeit zur automatisierten
Selbstinstruktion erleichtert schon kleinen Kindern, sich komplexe
Abläufe und Regeln einzuprägen und in den entscheidenden Situationen
mühelos abzurufen; hyperkinetische Kinder verstoßen oft ohne böse
Absicht wieder und wieder gegen Regeln, betroffene Erwachsene brauchen
nicht selten viele Wiederholungen von Arbeitsschritten, bevor die Routine
im Bedarfsfall zuverlässig aktiviert wird. Offensichtlicher sind die
Schwierigkeiten, wenn Stimmung, Motivation und Erregung nicht ausreichend
kontrolliert werden können; große Ausschläge von "himmelhoch
jauchzend" bis "zu Tode betrübt" prägen den Alltag
der Betroffenen, die Selbstmotivation zu notwendigen, aber ungeliebten
Tätigkeiten gelingt wider jede Vernunft nur schlecht, sowohl freudige
Erregung als auch Wut und Verzweiflung brechen im Übermaß auf.
Defizite in der Rekonstitutionsfähigkeit schließlich bedingen im Alltag
erhebliche Schwierigkeiten in der Organisation von Räumen und Prozessen;
Hyperkinetiker schaffen das Chaos nicht nur rasch und es kostet sie viel
Zeit und Mühe, die Ordnung wiederherzustellen - sie haben nicht selten
auch kein Bild von dem, was Ordnung ist.
Die von Russell A. Barkley beschriebenen kognitiven Einschränkungen
werden i.d.R. bislang nur wenig und allenfalls beiläufig diagnostiziert,
insofern ihre Symptomatik durch gebräuchliche Verfahren in Teilen
zufällig erfasst wird. Sein Modell der Verhaltenshemmungsstörung gewinnt
in der Fachdiskussion allerdings zunehmend an Bedeutung, da es zum einen
neue differentialdiagnostische, die Hyperkinetische Störung von
anderen Störungsbildern abgrenzende Merkmale der Verhaltensstörung aufzeigt.
Zum anderen erlaubt der Blick auf die neuropsychologischen Fundamente neue
Perspektiven auch in der Behandlung der Hyperkinetischen Störung.
Eine frühe Förderungen in u.a. für Schule und soziales Lernen wichtigen
Bereichen hat einen günstigen Einfluss auf die gesamte psychische
Entwicklung eines Kindes. Sie kann helfen, die notwendigen Voraussetzungen
für die Kindergarten- und Schulreife zu schaffen sowie über verbesserte
Selbstregulationsstrategien die Integration in Familie und weiterer
sozialer Umwelt zu gewährleisten.
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Das Wasser im Fass stieg unaufhörlich weiter.
In der Schule wurde mir schlicht nichts geboten, was
ich lernen wollte oder in der Welt, in der ich zu leben vorhatte,
gebrauchen konnte. Verglichen mit dem, was ich im Büro der Doors und der
Arbeit bei Evan lernte, schnitt die Schule einfach sehr schlecht ab. Man
kann Jugendlichen nichts beibringen, das sie nicht interessiert, das ist
eine Binsenweisheit, aber auch das Gegenteil stimmt - wenn man sich für
etwas interessiert, büffelt man ganz von selbst. Ich dachte ernsthaft
darüber nach, ob ich weiter zur Schule gehen sollte, wenn ich Ende des
Jahres die neunte Klasse bestanden hatte.
Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen
brachte. Alle hatten es kommen gesehen und sagten mir nun ausführlich
ihre Meinung.
- »Du bist faul«, sagte Tanner.
- »Bei dir läuft sowieso alles schief«, ermunterte mich Clarence.
- »Du bist unrealistisch«, sagte jemand anderes.
- »Du wirst schon was finden«, beruhigte mich meine Mutter.
- »Find lieber schnell was«, warnte mich mein Vater.
- »Wir werden was für dich finden«, sagte mein Tutor in der Schule.
Wonderland Av. S.105
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Die Einheit des Syndroms
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Heute fühle ich mich manchmal so lebendig, dass ich
es fast nicht aushalten kann. Inzwischen ist mir klar, was man unter einem
»natürlichen High« versteht, während ich früher nichts damit anfangen
konnte und es auch gar nicht verstehen wollte. Natürliche Highs, Müsli
und ordentliches Benehmen waren nicht das, was ich vom Leben erwartete,
meine Vorstellung von Spaß sah anders aus, und wenn ich es mir recht
überlege, hat sich daran bis heute nichts geändert. [...]
Alles ist allem ist gar nichts schön oder schlimm.
Es ist einfach. Das habe ich schon immer gespürt; jetzt glaube ich es
auch. Das Schöne genieße ich, das Schlimme lässt mich reifer werden,
und wie kann man denn etwas, das zu einer so positiven Entwicklung führt,
für schlimm halten? Ich wünschte, ich könnte jetzt behaupten, das
hätte ich einer bewussten Willensanstrengung zu verdanken, aber um die
Wahrheit zu sagen, wird man ganz automatisch reifer, wenn der Schmerz
stark genug ist [...].
Wonderland Av. S.454
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Entgegen den Stimmen mancher
Kritiker, die an der Existenz der Hyperkinetischen Störung zweifeln,
bilden die Symptome aus den drei Symptomgruppen des Störungsbildes eine
im Alltag geschlossen beobachtbare und diagnostisch zuverlässige Einheit.
Da die Störung im wesentlichen auf einer Beeinträchtigung der Exekutiven
Funktionen beruht, die alle drei Symptomgruppen betrifft, ist kaum zu
erwarten, dass einzelne Symptome nur selektiv auftreten, die
Störungseinheit im Ganzen in der Praxis jedoch selten vorliegt. Häufig
werden v.a. von Eltern, Erziehern oder Lehrern hyperkinetischer Kinder
nicht alle in den Diagnosemanualen beschriebenen Auffälligkeiten
bestätigt, da je nach Anforderung, Betreuungsrahmen und Konfliktsituation
einzelne Verhaltensweisen im Vordergrund stehen, während andere Symptome
nicht beachtet werden. Dieser Umstand unterstreicht die Bedeutung einer
standardisierten und zugleich angepassten Diagnostik, die sich auf
Kriterien stützt, die im Alltagserleben möglichst vieler Personen der
unterschiedlichsten sozialen Verhältnisse eine Rolle spielen, ohne die
Reife- und Entwicklungsgrenzen von der Kindheit über die Jugend bis ins
Erwachsenenalter zu verwischen. Umgekehrt sollte von einer Reduktion der Kriterien auf Bruchteile oder
einzelne Gruppen der Symptomatik abgesehen werden, solange nicht klar
erwiesen ist, dass bestimmte Symptome oder eine Symptomgruppe für sich
die Störung begründen. Dies ist umso wichtiger als eine gute Therapie
geeignete Maßnahmen gezielt einsetzt und nicht beliebige Symptomreihen
nach fixen Regeln behandelt. In den letzten Jahren hat
insbesondere die Diskussion um die medikamentöse Behandlung mit
Psychostimulanzien (v.a. Methylphenidat - Handelsnamen Ritalin ®, Medikinet
®, Equasym ®) den Ruf nach einer auf zuverlässige Verfahren
gestützten eindeutigen Diagnose lauter werden
lassen, - mit dem Ziel, einer zunehmenden Medizinalisierung von
auffälligem Verhalten v.a. bei Kindern entgegenzutreten. Die
Notwendigkeit einer sowohl für den Einzelnen als auch die Gesellschaft so
weitreichenden Entscheidung, Entwicklung nicht allein durch Erziehung,
sondern auch durch die Verabreichung von Medikamenten zu steuern, darf
sich nicht auf ein Störungskonzept gründen, dem nach subjektivem
Ermessen von Fachleuten oder Betroffenen Symptome einfach abgezogen oder
hinzugefügt werden können.
Obgleich die in den letzten Jahren zunehmend lauter ausgetragene
öffentliche Auseinandersetzung über die Hyperkinetische Störung nicht
nur mit wissenschaftlichen Argumenten und abseits politischer wie
wirtschaftlicher Interessen betrieben wurde, hat sie doch dazu
beigetragen, den Trend zu immer unschärfer und weiter gefassten
Kriterien sowie zur Selbstdiagnose anhand einzelner Merkmale zu
hinterfragen. Die Hyperkinetische Störung ist ein Syndrom, dessen
Symptome trotz ihrer verschiedenen Aspekte schlüssig vor dem Hintergrund
eines weitgehend abgeschlossenen und durch klinische Erfahrung
bestätigten Ursachenkonzeptes erklärt werden können. Impulsivität,
Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung haben in ihrem gemeinsamen
Auftreten als Syndrom einen erheblichen Effekt auf die Entwicklung der
betroffenen Menschen. Ihre Vereinzelung in vielfach auch anders zu
verstehende subjektive Empfindungen und individuelle Verhaltensweisen
verwischt damit nicht nur das Konzept und die aus ihm resultierenden
therapeutische Ansätze. Eine solche isolierte Sichtweise erschwert
zugleich die Vermittlung der Ursachen und Risiken der Hyperkinetischen
Störung, die tatsächlich einer umfassenderen Therapie bedürfen als
ausschließlich einer veränderten Pädagogik in einer sich verändernden Gesellschaft.
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Zur Diagnose der Hyperkinetischen Störung
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Auf den Unterseiten dieser Seite
sind die Symptomgruppen der Hyperkinetischen Störung nochmals separat
aufgeführt und werden eingehend erläutert.
Impulsivität
Hyperaktivität
Aufmerksamkeitsstörung
Barkley
Wenn Sie die pathologisierende Sichtweise auf die Hyperkinetische
Störung leid sind und Humor haben -
schauen Sie mal auf der gleichnamigen Unterseite vorbei.
Informationen zur Diagnosestellung im Fall der Hyperkinetischen
Störung, Erläuterungen zu den gebräuchlichen Untersuchungen und
Testverfahren sowie einen Symptomrechner nach ICD-10 und DSM-IV finden Sie
auf der Unterseite Diagnose.
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Früher einmal, nehme ich an, in ganz jungen Jahren, war ich
wohlerzogen und schlief, wie man so sagt, den Schlaf der Gerechten, ohne
den Rest der Welt zu stören oder mich von ihm stören zu lassen. Aber
falls dem je so wahr, weiß ich nichts mehr davon. Und selbst wenn ich
mich erinnerte, wäre Ihre Neugier auf solch ödes kultiviertes Gelaber
genauso gering wie meine, darüber zu schreiben. Sie wollen etwas über
den Zoff erfahren, der allemal mehr Spaß macht (und ganz sicher
interessanter ist) als das Bravsein. |
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Danny Sugerman
Wonderland Avenue
Maroverlag (1991) S.18 |
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